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Von Crianlarich nach Bridge of Orchy, oder: The full scottish experience

Nun also die erste Etappe. Vor 10 Jahren haben Meike und Jens ja schon einmal diese Gegend durchwandert, allerdings bis Bridge of Orchy eine etwas andere Route und Etappenlänge gewählt. Dieses Mal gab es gleich 21 Kilometer zu Beginn, die grobe Keule also.

Nachdem wir gestern ein leckeres Abendessen und ein Gute-Nacht-Bier eingenommen haben, folgte heute einer der Hauptgründe überhaupt nach Schottland zu reisen: Das Full Scottish Breakfast!

Und ja, das ist Haggis! Leckerer Haggis …

So gestärkt ging es noch einmal kurz in die Cabins, um die Koffer auf die Abholung durch unseren Gepäckservice vorzubereiten. Auch dieses Mal haben wir nämlich unsere Koffer transportieren lassen, um so das Gepäck über den Tag auf unsere Nahrung und Wechselkleidung zu begrenzen. Mehr dazu später.

Auf jeden Fall ging es dann auch los auf die 21 Kilometer von der Ben More Lodge nach Bridge of Orchy.

Das Wetter war … schottischer.

Aber egal: Auf geht es erst einmal in den Ort zurück und dann am Bahnhof vorbei zum West Highland Way selber. Dieser geht nämlich gar nicht durch Crianlarich, sondern westlich am Ort vorbei. Und etwa 150 Höhenmeter höher, was sich durch eine konstante Steigung die erste Stunde bemerkbar machte.

Vom Weg her ging es durch den Wald und mehr oder weniger immer aufwärts.

Aber dann waren wir auch da. Am West Highland Way meine ich …

Schöne Landschaft, wechselnde Witterung. Die Kleidung wurde hierbei mehrfach angepasst: Von „Mir ist warm“ über „Verdammt, die Mücken kommen an die Haut“ und „Der Wind nervt“ bis zu „Es regnet“.

Von der Landschaft befinden wir uns hier in der Nähe des Dorftes Auchreoch an der Westseite eines Tals, durch das die Strasse und eine der beiden Bahnstrecken nach Tyndrum (dazu später mehr) geht. Irgendwann geht der WHW runter ins Tal und unter der Bahn zum Tal hin.

Dann queren wir die überraschend vielbefahrene Strasse und sind im grünen Tal mit Farmen, Tieren und … Werbung für einen Job.

Naja, schön ist es hier ja schon.

Aber der ganze Regen (inzwischen war die Regenjacke bzw. der Poncho immer an), das ist schon nervig.

Etwa an dieser Stelle fiel uns dann auch auf, dass uns andauernd Läufer überholten. Also: Dünne Leute mit Rucksäcken und Startnummern.

WIr haben zuerst überlegt, welches Rennen die wohl gerade laufen und haben einen mal einfach gefragt, wo es denn hingehen würde. Die Antwort (Leicht gequält, wir haben ihm wohl die vor ihm liegende Aufgabe wieder bewusst gemacht): Fort William.

Also: Das, wofür wir 4 Tage brauchen, ist die halbe Strecke. Insgesamt ist die Länge des West Highland Ways von Milnagvie nördlich von Glasgow nach Fort William 154 Kilometer. (Wir machen davon 85 Kilometer).

Der Rekordhalter für diese Strecke, Rob Sinclair, brauchte 2017 13 Stunden und 41 Minuten! Die schnellte Frau, Lucy Colquhoun, brauche 2007 17 Stunden und 26 Minuten. Unmenschlich!

Dieses Jahr gab es bei diesem speziellen Rennen während unserer Etappe (das eigentliche West Highland Way Race findet später im Jahr statt) übrigens noch die Option auf den Ben Nevis zu steigen, den mit 1345 Metern höchsten Berg des vereinigten Königreiches. Das machen tatsächlich auch welche noch am Ende. Wahnsinn!

Wir dagegen kämpften uns durch den Regen, immer auf der Lauer die Läufer vorbeizulassen, was auf den engen Wegen nicht ganz so einfach war.

Und weil der Regen immer nerviger wurde, haben wir einen Ort für die Mittagsrast gesucht. Jens, der Eisenbahn-Experte, hatte dazu einen Vorschlag, der auch angenommen wurde: Tyndrum Lower, einen der beiden Bahnhöfe von Tyndrum

Tyndrum hat mit seinen 167 Einwohnern nämlich den Luxus gleich zwei Bahnhöfe zu haben. Dies liegt daran, dass gleich hinter Crianlarich die Strecke sich teilt: In eine Richtung Oban und eine Richtung Fort William. Beide Strecken laufen quasi an den beiden Seiten von Tyndrum vorbei und so wurde auch an beiden ein Haltepunkt eingerichtet. Die Haltepunkte sind per Bahn 16 Kilometer entfernt, zu Fuß ein paar hundert Meter …

Und hat es gereicht, denn der Unterschlupf war sehr angenehm, um mal aus den Regensachen herauszukommen. Und außerdem … Eisenbahn!

Letzteres begeisterte eher nur Jens, aber immerhin.

Nachdem wir Sandwiches gemümmelt, Schokoriegel gegessen und Wasser getrunken haben ging es auch dann weider. Und es kam lange kein Zug mehr, Jens wollte also auch nicht mehr bleiben.

Der WHW ging jetzt um Tyndrum herum und westlich am Ort vorbei zur anderen Bahnstrecke, die weiter via Bridge of Orchy nach Fort William geht. Vorher quert man aber noch die gerade im Umbau befindliche A82, quasi die einzige richtige Strasse hier. Und auf der Ecke gibt es noch den Green Welly Stop, die letzte Möglichkeit vor Fort William richtig einzukaufen. Wir haben den Stop noch einmal für die Toilette und einen warmen Kaffee genutzt. Vor 10 Jahren waren Meike und Jens auch hier, da war Tyndrum aber auch ein Etappenziel und wir mussten die Zeit vertreiben, bis das B&B aufgemacht hat. Dieses Mal ging es noch 11 Kilometer weiter nach Bridge of Orchy.

Die Strecke führt malerisch durch ein Tal, auch wenn man die nahe Strasse doch deutlich hören konnte. Aber immerhin waren die Schafe still.

Der Preis für das sinnbefreiteste Schild der letzten Jahre geht übrigens an:

Haben das Tor aber sicherheitshalber mal wieder geschlossen …

Ansonsten haben wir in verschiedenen Konstellationen diesen Teil erwandert. Dabei nett unterhalten oder einfach mal die Gedanken wandern lassen (Hah! Was für ein Wortwitz!).

Für den Eisenbahn-Nerd gab es dann auch noch was besonders: Einen Bauzug der ScotRail:

Leider war nur ein Handy-Foto möglich, denn die Kamera war leider hinten bei Meike und außerdem haben wir später gemerkt, dass die Batterien leer waren.

Und nicht zuletzt: Das Wetter hat jetzt auch nicht wirklich zu einer Fotosession eingeladen.

Anyway: Mehr oder weniger schon sehr müde sind wir dann an unserem ersten Etappenziel angekommen.

Für eine erste Etappe schon sehr anspruchsvoll: 21 Kilometer, knappe 300 Höhenmeter, 6 1/2 Stunden, vieles im Regen. Aber wir hätten ein Bier um 16:33 Uhr bestellen können, wenn wir denn gewollt hätten (Insider-Witz).

Auf jeden Fall waren wir endlich in Bridge of Orchy, einem Übernachtungsort, den Meike und Jens sich gewünscht hatten. Wir haben nämlich gute Erinnerungen an dieses Hotel bzw. vor allem die dortige Küche.

Und die ist immer noch sehr gut, wie wir beim gemeinsamen Abendessen dann feststellen durften.

Genau das richtige nach einem langen, aber sehr schönen Wandertag. Der aber auch recht anstrengend war, weswegen wir uns auch dann bald in die neuen Zimmer aufgemacht haben und uns auf die nächste Etappe vorbereiten.

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