31 Stunden Zugfahren. Quer durch Amerika. In einer etwas engen Kabine.
Naja – mal schauen, wie das wird.
Nach dem Einsteigen in Chicago und der pünktlichen Abfahrt ruckelte unser Zug durch die Vororte von Chicago. Wir haben uns derweilen in unserer Roomette gemütlich eingerichtet.
Eine Roomette ist quasi ein kleines Abteilchen mit zwei Sitzen, die abends zu einem Bett verbunden werden. Ein zweites Bett kann von der Wand heruntergeklappt werden, somit können zwei Personen dort die Reise verbringen. Jede Person kann einen Rucksack mitnehmen, mehr passt nicht wirklich in das Abteil rein. Ein Koffer geht gar nicht.
Das Ding in der Mitte kann man ausklappen, dann hat man einen Tisch. Jeder Platz hat eine Leselampe und es gibt eine Steckdose für Laptop, Handy und sonstwas. Auf einer Seite gibt es eine Art „Treppe“, auf die man dann einen der Rucksäcke stellen kann. Auf der anderen Seite gibt es eine Ablage und ein Fach.
Das war es.
OK, wir hatten noch ein Extra in unserem Abteil.
Das ist Maggie, die hat unser Abteil als Ergänzungsraum für sich requiriert. Sie gehört der Dame nebenan und hatte quasi die ganze Fahrt Angst und brauchte sehr, sehr viele Streicheleinheiten.
Aber das ist gerade das Interessante an solchen Zugfahrten: Man lernt viele Menschen kennen (nette und nervige) und erlebt viele Dinge.
Maggies Besitzerin ist eine „Travelling Nurse“ der allerdings das Geld ausgegangen ist, weswegen sie jetzt nach Minot, North Dakota fährt, wo ihr Auto steht. Und mit dem fährt sie dann nach Arizona, wo sie herkommt. „Travelling“ ist hier also wörtlich zu nehmen.
Ansonsten haben wir viel herumgesessen, das Bier aus dem Laden in Chicago getrunken (und natürlich auch Kaffee, Wasser, etc.), Karten gespielt, Bücher gelesen, mit dem Laptop gespielt und einfach nur die Landschaft angeschaut.
Ab und an hielt der Zug an irgendwelchen Orten, die wir noch nie gehört haben. Meistens war der Bahnhof so klein, dass der Zug nicht einmal komplett an den Bahnsteig passte. Und einmal sogar nicht in den Bahnhof selber.
Die armen Leute: Unser Waggon stand während des Aufenthalts noch auf dem Bahnübergang …
Im Preis der Roomette ist auch das Frühstück, das Mittagessen und da Abendessen inkludiert, also konnten wir uns (wie im 2013 im Canadian) für eine Abendessen-Zeit entscheiden und wurden dann mit Fremden an einen Tisch gesetzt. Und konnten von der Speisekarte aussuchen, was wir wollen.
Beim heutigen Abendessen waren es witztigerweise ein Ehepaar aus den Niederlanden, die gerade nach 20 Jahren in London wieder in die Heimat umgezogen sind.
Für alkoholische Getränke muss man übrigens extra zahlen, was mit 7,50 US$ für ein Stone IPA jetzt im Rahmen war. Plus: Wir hatten ja noch einige Flaschen im Abteil.
Nach dem Abendessen haben wir Lonnie, unseren Waggon-Schaffner, gebeten das Bett zu machen. So gegen 10 Uhr kamen wir in St. Paul/Minneapolis an – einer der größeren Städte entlang der 46 Stunden dauernden Fahrt. An solchen Haltepunkten, Service Stops (oder inoffiziell „Smoker Stops“) genannt, hält der Zug so 20-30 Minuten, weswegen man sich die Beine vertreten kann. Wenn es einem nicht reicht, den 800 Meter langen Zug entlang zu gehen.
Der Empire Builder ist übrigens der beliebteste Fernzug der USA mit im Schnitt 1275 Passagieren pro Zug. Auf der 3632 Kilometer langen Strecke zwischen Chicago und Portland / Seattle (Der Zug wird in Spookane getrennt) fährt er im Schnitt 80 km/h, oft sogar 120 km/h. Allerdings wird die Fahrt auch oft von Güterzügen unterbrochen, die auch hier Vorrang haben (die Gleise gehören der Fachtgesellschaft).
Die größeren Orte, wo der Zug durchfährt, sind Chicago, Milwaukee, St.Paul-Minneapolis, Fargo – dann lange nix – dann Whitefish, Spookane und Portland bzw. Seattle.
An den größeren Stops ist übrigens nicht nur für die Raucher, sondern auch für die vierbeinigen Passagiere gesorgt.
Wir mussten aber nicht an den Hydranten, sondern haben uns dann ins Schlummerland verabschiedet und sind irgendwo in North Dakota wieder aufgewacht.
Schlafen war ganz angenehm, auch wenn das Bett unten sehr warm war und das Bett oben recht zugig. Die Klimaanlage im Zug arbeitet eher schlecht, auch weil unser Abteil konstant von der Sonne aufgeheizt wurde und so sehr warm wurde. In den anderen Waggons war es deutlich kälter.
Vom Schlafkomfort her war es ok, wenn auch etwas eng.
In dem sehr unbeeindruckenden Ort „Rugby“ haben wir uns dann zum Frühstück aufgemacht. Sehr amerikanisches Frühstück.
Quesedillas mit Bacon. Aber lecker war es!
Danach, so gegen 9 Uhr und mit 30 Minuten Verspätung, kamen wie in Minot an. Der Stop dort war eine gute Gelegenheit, sich nach dem Schlaf die Beine zu vertreten und den Zug zu begutachten.
Schon beeindruckend wie lang der Zug ist. Minot dagegen ist … klein. Im Zug wurde auf einen Kiosk hingewiesen, wo man Dinge kaufen kann. Dieser Kiosk war … auch klein.
Aber immerhin gab es Cola für Meike. 😉
Nach einer Weile sind wir dann wieder in den Zug, nicht allerdings ohne uns von Maggie zu verabschieden, sie und ihre Besitzein stiegen ja hier aus.
Vorher haben wir ihr eine kahle Stelle ins Fell gekrault (also dem Hund) und uns nett unterhalten (mit der Besitzerin). Sie hatte viel Interesse, wie man die USA in Deutschland so sieht und wie Trump dort ankommt. Ein Thema, was wir häufiger hatten.
Leider wurden die beiden durch ein sehr irritierendes Paar ersetzt, was laut, nervig und schon beim Mittagessen betrunken war. Irgendwelche komischen Yoga-Hippie-Leute, die laut Musik hörten und mehrere Flaschen hochprozentigen Alkohol im Gepäck hatten. Wie schon gesagt: Nette und nervige Menschen trifft man hier.
Durch die weite Landschaft von North Dakota und dann Montana ging es für uns weiter.
Angesichts der Verspätung von mittlerweise 1,5 Stunden und der daraus resultierenden späteren Essensaufnahme in Whitefisch mit Ada und Max (die wir ja besuchen), sind wir wieder in den Speisewagen gegangen und haben zu Abend gegessen.
Jens hat beide Mal übrigens das überraschend gute Steak mit Bohnen und Kartoffelpüree gegessen.
Mit immer noch 1 1/4 Stunden Verspätung ging es nach Shelby dann langsam in die Rocky Mountains und in die Region das Glacier National Parks. Die langsam einsetzende Dämmerung machte Fotos leider etwas schwer, aber der Ausblick aus dem Fenster war schon beeindruckend.
Sehr schöne Blicke. Und der Zug machte auch noch etwas Zeit gut, sodass wir nur mit 45 Minuten Verspätung Whitefish, Montana erreichten. Unser Zuhause für die nächsten Tage.
Auf dem langen Bahnsteig haben wir uns dann von Lonnie verabschiedet und wurden gleich von Ada, Max und Markus in Empfang genommen. Die Koffer waren auch gleich da und es ging direkt weiter in „The Great Northern Bar & Grill“, einem Brewpub der lokalen Brauerei.
We have arrived! 🙂
Mal schauen, was die folgenden Tage so bringen – das Programm sieht schonmal vielversprechend aus!