So, nach dem Frühstück im hektischen Kyoto ging es per Shinkansen nach Shin-Osaka. Shin-Osaka übrigens deswegen, weil der Shinkansen-Bahnhof etwas nördlich des Stadtzentrums gebaut wurde. Der Shinkansen fährt in Japan auf einem komplett eigenen Gleis, ohne irgendwelche Kreuzungen mit Regionalzügen oder ähnlichen Trödlern. Und da diese Strecke nicht durch die Stadt gebaut werden konnte, hat man diese Bahnhöfe dann am Rande der Stadt gebaut (z.B. „Shin-Yokohama“ oder auch „Shin-Kobe“).
Von Shin-Osaka ging es dann mit der Metro, deren Benutzung und deren Fahrkartenkauf jetzt kein Problem mehr darstellt, in den Stadtteil Namba, dem Einkaufsstadtteil der 2,6 Millionen Einwohner Metropole. In Namba gibt es nämlich auch den Endbahnhof der Nankai-Eisenbahngesellschaft (Namba Nankai) und die fährt von dort aus nach Koya. Genauer gesagt fährt sie nach Gokurakubashi, von wo aus man mit einem Cablecar nach Koya fährt.
Wir sind also in Namba in einen Rapid Express der KoyaLine eingestiegen. Durch Osaka und die Vorläufer der Gebirge der Kii-Halbinsel ging es dann nach Gokurakbashi, wo bereits das Cablecar auf uns wartete. Da der gesamte Zug in die bereits wartende Bergbahn wie eine Horde Irrer eingefallen ist …
… haben wir uns noch was auf die Wartebank gehockt. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, denn laut Fahrplan kam 10 Minuten später schon die nächste Bergbahn. Und die sah dann schon etwas weniger voll aus …
Oben an der Bergstation angekommen war es
a) kalt und
b) leer, denn alle waren bereits in einem Bus in Richtung Koya weitergefahren.
Nur ein Bus stand einsam und allein noch da – passenderweise genau der, den wir gebraucht haben. Wir sind also dann in den Bus hinein und direkt in eine Horde voller Franzosen, die noch nicht so viel Erfahrung mit Busfahren in Japan gemacht haben. Zum Beispiel waren sie erbost, dass der Busfahrer sie nicht hinten rausgelassen hat und mussten sich fluchend nach vorne durchkämpfen. Naja, in Frankreich wäre ja eh kein Bus gefahren, weil sie gerade streiken …
Nach ein paar Haltestellen kamen wir an unserem Tempel mit unserer Tempelherberge an: Seikoshain.
Und das Zimmer sah tatsächlich auch recht „tempelig“ aus:
Das Kabel, was zu unserem Tisch führt, gehört zu einer unglaublich tollen Einrichtung: Dem beheizten Tisch! Man legt seine Füße unter die Decke bzw, den Tisch und unter der Tischplatte ist eine Heizung eingebaut! Wärmt super und ist voll bequem (zumindest solange man in dieser Position sitzen kann). Der Garten, den wir vom Zimmer aus erreichen, sieht auch wunderschön aus (man beachte, dass die Herbstlaubfärbung langsam anfängt):
Nach einer kleinen Einweisung und einer Runde durch den Tempelgarten sind wir dann durch Koya spaziert. Zuerst ging es zu einem Tempel namens „Karukayado“, danach zu einem der Weltkulturerbe hier: Dem Kongobuji-Tempel, dem Haupttempel des Shingon-Buddhismus. Im Tempel selber durfte man nicht fotographieren, aber man konnte viele Bilder (vor allem an den Schiebewänden der Zimmer) sehen, die die Geschichte von Kukai (besser bekannt als Kobo Daishi) erzählen.
Aber den Steingarten durfte man ablichten:
Vom Kongobuji ging es zum Mausoleum der Shogun-Familie der Tokugawas. Eine etwas kleinere Sehenswürdigkeit, aber dennoch schön gelegen und nett anzusehen:
Von da aus sind wir mit dem Koya-Bus zum Okunoin-Tempel gefahren. Und das was wirklich sehr beeindrucken, denn rund um das ebenfalls dort gelegene Mausoleum von Kobo Daishi (in dem er eigentlich noch immer meditiert) sind über 200.000 Grabsteine angelegt. Familiengräber, Firmengräber aber auch Reiche und Berühmte haben sich hier, verbunden mit dem Wunsch in der Nähe von Kobo Daishi zu sein, einen Platz gesichert. Darunter auch japanische Firmen wie Nissan, Toyota oder auch Panasonic.
Es heißt, wer sich bei einer Firme bewirbt, sollte seine Visitenkarte hier an diesem „Firmengrab“ ablegen, um seinen Respekt zu zollen und seine festen Wunsch nach einer Einstellung zu zeigen. Dieses wird tatsächlich auch geprüft!
Aber von dem skurillen Aspekt der indirekten Bewerbungsgespräche hier mal abgesehen: Das Areal ist wirklich majestätisch und ergreifend!
Nachdem wir eine Weile auf dem Gelände umherspaziert sind und auch Kobo Daishi unseren Respekt gezollt haben, sind wir wieder zum Tempel zurück, wo um 17:30 Uhr unser buddhistisches Abendesse auf uns wartete. Angesichts des Fleisch-Genusses gestern hatte ich ja meine Zweifel, aber das Essen war wirklich sehr gut!
Ausgenommen der grüne Tee (von dem ich nie ein Fan werde) und den Pilzen (habe es probiert, schmeckt immer noch nicht) wirklich eine gelungene Mahlzeit!
Danach sind wir auf unser Zimmer, das wie wir inzwischend erfahren haben, eine Art „Tempel-Suite“ ist, denn wir haben unser eigenes Bad, einen Wohnraum (der mit dem Heiztisch) und einen Schlafraum. Wobei: Das Klo …
Wir haben einen neuen letzten in meiner Liste japanischer Toiletten!
Der Abzug ist oben am Spülkasten, der Sitz verbrennt einem die Haare am Hintern, weil man sich nicht traut an der Elektrik der Toilette etwas zu verändern und so der Sitz auf „Kochen“ steht und wenn man die Tür zu hat, dann hat man die Knie im Gesicht, weil es so eng ist. Plus, dass kein einziges bekannte Zeichen zu sehen ist, keine Piktogramme und außer einem rosa und einem blauen Knopf auch nichts unterscheidbares da ist. Klarer Verlierer bislang!
Zur Klarstellung muss man aber sagen, dass dieses Klo die Löcher im Boden immer noch schlägt. 😉
Wir haben noch etwas gespielt (Yeah! Ich habe Phase 10 gegen Meike gewonnen!) und sind dann früh ins Bettchen geklettert.
Morgen beginnt um 6:30 Uhr die Morgenmeditation. Und danach gibt es Frühstück und dann geht es auch schon wieder weiter nach Hakata!