Nach einer recht ruhigen Nacht, nur ab und an unterbrochen durch unbekannte Geräusche und die dann schnell einsetzende Gewissheit, dass wir ja hier alleine sind, klingelte der Wecker um 8 Uhr morgens. Die beiden Damen des Hauses hatten schon den Frühstückstisch vorbereitet und den schönsten Blick ausgewählt. Guter Orangensaft, frisches Obst und ein guter Kaffee halfen wach für den Tag zu werden.
Einzig diese, etwa zwei Jens-Finger breiten, Ameisen nerven ein wenig. Die Schlange war übrigens immer noch im Büro, was im Zimmer neben unserem lag.
Ein herzhaftes Frühstück half aber dieses Problem zu verdrängen. Die Briten haben auch hier die eher kräftige Frühstückskultur verbreitet.
Mit dem Auto ging es dann in Richtung Graskop, wo die berühmte Panorama Route beginnt. Oder endet, je nachdem.
Auf dem Weg noch kurz an Meikes neuer Lieblings-Schule vorbei: Der Panda Pre School!
Die Panorama Route ist eine der Touristenattraktionen in den sogenannten Transvaal-Drakensbergen. Sie ist wegen der steilen Abhänge mit Aussichten weit ins Flachland des Lowveld und interessanter Felsbildungen entlang der R532 sehr berühmt, wenn auch nicht immer Teil einer Reiseplanung. Meike und Jens ehemaliger Arbeitskollege Stephan Braun hatte uns vor einigen Jahren darauf aufmerksam gemacht und ein einmal in unserer „ToDo“-Karte bei Google gesetzter Pin wird irgendwann eben auch besucht.
Entlang dem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Steilhang parallel zur Straße bricht das südafrikanische Hochland (Highveld) in das bis zu 1.000 Meter tiefer gelegene Flachland (Lowveld) ab, wo sich unter anderem der Kruger-Nationalpark befindet. Die Panorama Route bietet weite Ausblicke in die Ebene, beispielsweise bei God’s Window. Zu den bekannten Canyons entlang der Strecke gehört der Blyde River Canyon, der an den bizarren Erosionsformen der Bourke’s Luck Potholes seinen Ausgang nimmt. Daneben entstanden durch Erosion zahlreiche Wasserfälle wie die Macmac Falls, Lisbon Falls und Berlin Falls. Also viele „Fosse“, wie wir diese seit Island nennen.
Die Straße war ganz ok ausgebaut, ein paar Potholes gab es schon.
In Graskop dann das übliche Chaos, die 4 Spuren wurden eher kreativ ausgelegt, aber daran haben wir uns inzwischen auch gewöhnt.
Graskop hat knapp 4000 Einwohner und liegt halt strategisch gut für alle, die auf der Panorama Route unterwegs sind. Daher gibt es hier auch viele touristische Läden, was uns heute aber nicht interessierte.
Denn wir wollten eigentlich mal schauen, was heute überhaupt geht. Die Wetterberichte sagten auf jeden Fall dunkle Wolken und Regenschauer voraus, was jetzt bei einem Canyon mit schönen Weitblick nicht wirklich hilfreich ist. Zum Nachmittag sollte es wieder etwas aufklaren, also planten wir in Graskop spontan um und fuhren zu einer etwas nebenan liegenden Stadt namens „Pilgrim´s Rest“.
Die Stadt liegt an der R533 und hier fahren nicht so viele Touristen lang, wie die Qualität der Straße auch zeigt.
Pilgrim’s Rest wurde 1873 im damaligen Transvaal gegründet, nachdem in der Pilgrim’s Creek Gold entdeckt wurde. In den 1880er Jahren waren die oberflächlichen Goldvorräte erschöpft, so dass ein Bergwerk errichtet wurde, das 1895 von den neugegründeten Transvaal Gold Mining Estates (TGME) übernommen wurde. Außerdem entstanden mehrere Wasserkraftwerke, sodass eine elektrische Straßenbahn und die Mahlwerke der Hütten angetrieben werden konnten. Während des Zweiten Burenkrieges bestand in Pilgrim’s Rest sogar eine Münzprägeanstalt. 1911 entstand östlich von Pilgrim’s Rest ein 2-Megawatt-Kraftwerk, das anfangs das größte Wasserkraftwerk der Südhalbkugel war. Es blieb bis 1992 in Betrieb und versorgte die Stadt als zweite in Südafrika nach Kimberley mit Straßenbeleuchtung. 1971 wurde das Bergwerk geschlossen und 1999 wiedereröffnet.
Die Stadt ist seit 1986 als Nationaldenkmal ausgewiesen und steht seit 2004 auf der Kandidatenliste für das UNESCO-Welterbe. Als Sehenswürdigkeiten gelten sowohl der Friedhof als auch die Oberstadt. Und da fuhren wir dann gleich mal hin. Also nachdem wir einmal falsch abgebogen waren und wieder in einer Blechhaus-Siedlung landeten, wo man uns aber auch nur mehr so „dumme Touristen, können keine Karte lesen“ angeschaut wurden.
Richtig gefahren landeten wir in einer Art „Freilichtmuseum“ und wurden auch gleich von einem Parkplatzwächter in Empfang genommen, der freche 60 Rand verlangte. Da wir aber froh waren überhaupt was anschauen zu können, handelten wir gar nicht, sondern sagten „ok“ und gingen zum Museum des Ortes.
Für weniger Rand als der Parkplatz erhielten wir hier zwei Tickets, die uns Zugang zu fünf historischen Gebäude verschafften, wo sowohl die Geschichte selber als auch Gegenstände aus der Goldgräberzeit ausgestellt wurden.
Das Museum war sehr gut ausgestattet, sowohl die Anfangszeiten des Ortes, die geologischen Hintergründe der Goldfunde als auch die Folgezeit mit Aufschwung und Niedergang der Gold-Industrie wurden sehr gut und detailreich dargstellt.
Sogar eine Toilette gab es hier, allerdings draußen. Was beim nun einsetzenden Regen einen nassen Jens zur Folge hatte.
Der Ort war irgendwie eingeschlafen, fast schon eine Geisterstadt. Was aber wohl, wenn man den Zahlen an der Touristinfo vertraut, nicht der Normalfall ist. Üblicherweise findet schon die ein oder andere Reisegruppe ihren Weg hierhin, die Anzahl der Shops lässt das auch vermuten.
Bei dem miesen Wetter hatten wir aber nicht richtig Lust groß durch die Häuser zu gehen. Also schlenderten wir einmal die Straße runter bis zu einem Cafe / Restaurant, wo wir dann überlegen wollten, was wir jetzt machen.
Ach ja, die Deutschen waren wohl auch hier …
Hier gingen wir dann doch mal rein, denn in diesem Haus konnte man allerlei Alltagsgegenstände aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts sehen, welche die Leute hier verwendet haben.
Auch die „gute Stube“ war eingerichtet.
Dann aber ab ins Cafe / Bar / Restaurant. Der hier gebrannte Gin wurde ignoriert, denn ein paar Kilometer würden es noch werden.
Das Wetter versprach jetzt nicht wirklich besser zu werden. Eine gute Alternative hatten wir aber auch nicht, auf Museen hatten wir auch keine Lust. Eigentlich wäre morgen der Weg ins Private Game Reserve dran gewesen, wo auf dem Weg das Hoedspruit Endangered Species Centre liegt, eine Auffangstation für verletzte Wildtiere, was wir uns anschauen wollten. Da morgen aber auch wieder sonniges Wetter werden sollte, planten wir folgendes: Heute würden wir die Panorama Route fahren. Und morgen noch einmal. Heute mit dem Ziel uns anzuschauen, was wir morgen auf jeden Fall machen wollen und sollte sich das Wetter noch einmal ändern, wären wir da und könnten spontan nochmal umplanen.
Also zurück zum Auto, die 60 Rand abgedrückt und wieder auf die Regionalstraße zurück nach Graskop.
Es waren echt oft Deutsche hier …
Die Panorama Route war wieder etwas besser ausgebaut und aufgrund des Wetters auch recht leer.
Hier schon einmal ein Vorgeschmack auf morgen. Hofften wir zu dem Zeitpunkt zumindest.
So richtig konnten wir nicht an die Sightseeing-Spots ranfahren, denn fast überall muss man ein paar Rand Eintritt abdrücken.
Also fuhren wir bis zum „Upper Viewpoint“ und drehten wieder um. Nur um in einen kleinen Roadblock der hiesigen Teenager-Gang zu kommen.
Mit missbilligendem Blick durften wir dann passieren.
Schon der Blick von der Straße zum doch noch recht weit entfernten Canyon war cool. Hoffentlich würde uns das Wetter morgen nicht auch im Stich lassen, bislang hatten wir doch sehr viel Glück gehabt.
Wasserfälle gehen, das wissen wir ja seit Island, auch bei bewölktem Himmel und sogar im Regen. Und wenn hier schon was mit „Berlin“ ist, dann müssen wir da wohl ooch hin, wa? (Insider)
Auch hier Eintritt, was wohl aber auch in die Unterstützung der Locals geht. Wir haben über die kreative Einnahmen-Verteilung der staatlichen Verwaltung aber auch andere Geschichten gehört.
Pünktlich als wir den Parkplatz erreichten hörte auch der Regen auf. Und in erstaunlich kalten 15 °C ging es dann zu den Berlin Falls.
Die Berlin Falls sind ein Wasserfall in der Nähe von God’s Window, wo wir morgen hin wollten, und dem höchsten Wasserfall in Südafrikas Provinz Mpumalanga, den Lisbon Falls. Sie sind weniger als ein Zehntel so hoch wie der höchste Wasserfall Südafrikas, die Tugela Falls, aber für ihre Schönheit bekannt. Die Wasserfälle sind Teil des Blyde River Canyon und liegen fließtechnisch am Anfang des Canyons.
Die Berlin Falls stürzen aus der Mitte einer steilen Klippe, die etwa 80 m hoch ist. Die Form der Fälle wird mit einer riesigen Kerze verglichen. Ein schmaler, natürlicher Kanal an der Spitze der Fälle bildet den „Docht“ der Kerze, und wenn das Wasser an dieser Stelle herunterfällt, fächert es sich auf und bildet den Rest der Kerze, bevor es sich in das Becken darunter entleert.
Ihren Namen verdient der Wasserfall Bergleuten, die während des Goldrausches aus Europa nach Südafrika kamen und jeden Wasserfall in der Region nach ihren Heimatstädten oder Orten in ihren Heimatländern benannten. Und schön war der Wasserfall auf jeden Fall.
Auch der Blick in den entfernt zu erkennenden Blyde River Canyon war schön, die Hoffnung auf morgen wurde immer größer.
Aber hier war auch schon schön!
Für die Rückfahrt hatten wir dann, weil das Wetter nicht in absehbarer Zeit besser werden sollte, noch einen Alternativplan entwickelt. Wir würden nicht über Graskop zurück nach Hazyview fahren, sondern noch etwas weiter auf der R532 bleiben und bis nach Sabie fahren. Auf dem Weg würden wir noch an eine, zwei neudeutsch „Points of Interests“ vorbeikomen, die wir je nach Wetterlage auch besuchen könnten.
Die Geschwindigkeit war auf jeden Fall nicht besonders hoch, denn die Anzahl der Potholes nahm zu.
In Graskop machten wir dann einen Tankstop, um morgen mit halbwegs vollem Tank die Panorama Route bis zum Kapama Game Reserve fahren zu können.
Die „Mac Mac Pools“ bezeichnet einen einen beliebter Picknickplatz mit schattenspendenden Bäumen am Fluss, der in eine Reihe von Felsbecken mündet, eben den „Pools“. Es gibt Picknickplätze, Grillmöglichkeiten, Toiletten und einen Naturpfad. Auf diesem Weg kann man bis zum Fuß der Mac Mac-Fälle wandern und hat von unten einen herrlichen Blick auf die Fälle.
Wir wollten uns aber nur ein wenig die Füße vertreten und die Regenpause nutzen, also hin mit uns.
Das Gelände war sehr aufgeräumt und weitläufig angelegt. Im Sommer grillen die Südafrikaner hier sicherlich in Massen, heute war dagegen nur noch eine weitere Familie hier.
Schwimmen war auch nicht angesagt. Leider, denn das Wasser war kristallklar.
Aber auch so ein schöner Ort und da die Familie in Richtung der Wasserfälle spazierte, hatten wir den Ort für uns alleine. Auch schön!
Dann war aber genug, denn allzu spät wollten wir heute nicht zurück in die Guest Lodge kommen, um den Abend noch etwas genießen zu können. Also ging es auf die R532 in Richtung Sabie.
Sabie selber war auch nur eine Kleinstadt mit den üblichen Geschäften und wurde schnell durchquert. Auf der R536 ging es dann zurück in Richtung Hazyview.