Am heutigen Tag stand die zweite größere Autofahrt an der Garden Route an. Im Vorfeld hatten wir oft gehört, dass wir uns ja hier nicht genug Zeit nehmen würden, aber wir wollten bei diesem ersten Südafrika-Urlaub die Regionen maximieren, also bedeutete dies für uns: Viel Zeit im Auto. Und da wir ja eigentlich sehr gerne Auto fahren und dabei unsere Musik oder ein Hörbuch hören beziehungsweise uns auch gerne unterhalten, ist das eigentlich auch kein echtes Problem.
Im Zimmer des Parkes Manor in Knysna hatten wir auf jeden Fall in der Nacht noch eine kleine Sauerei gemacht, denn wir waren so doof, dass wir unsere Tüte mit Süßigkeiten offen herumstehen lassen haben. Was eine nicht geringe Anzahl an Ameisen angelockt hatte, die wir dann mitsamt der Tüte nach draußen geleiteten.
Jens dachte an dieser Stelle übrigens sowas wie „Naja, immerhin keine Spinnen!“ – Prophetisch, wie sich zeigen sollte.
Zuerst gab es aber noch einmal Frühstück in dem schönen Raum mit Weitblick.
Und mal ehrlich, wer kann hier nicht in Urlaubsstimmung kommen? Oder in unserem Fall bleiben?
Ach ja, das mit der Spinne. Wir gingen dann nach dem Frühstück nach oben aufs Zimmer, packten unserer Koffer fertig und brachten sie nach unten. Meike wollte noch die Rechnung aus der Bar begleichen, wo wir gestern Abend noch mit dem anderen Patron des Gästehauses (sorry, Namen vergessen – aber er war auch super nett!) ein „Nightcap“ wie man hier sagt getrunken haben.
Also machte sich Jens dann drauf das Auto zu holen und vor die Eingangstür zu fahren, um die Koffer einzuladen. Und dann erblickte er das Vieh hier:
Eine Spinne, deren Körper so groß wie ein Golfball war. Direkt neben dem Eingang, wo Jens mehrfach lang musste. Die Arachnophobie schlug richtig zu und Jens entfuhr ein Quieken. Einmal ging es noch an dem sitzenden Ding vorbei, dann war Schluss, die Rucksäcke musste Meike holen.
Meike sagte dann auch noch kurz Bescheid, dass am Eingang eine Spinne sei. Das wurde mit einem „Ach, die kleinen Dinger kennen wir hier, die sind nicht gefährlich …“ beantwortet, woraufhin Meike meinte „Nein, die ist größer!“. Verwunderung und eine gewisse Neugierde brachte Jan-Hendrik und seinen Kollegen dazu mit zukommen und sich das Tier anzuschauen. Um beim Anblick dann ebenfalls ein recht hohes und hektisches „Oh!“ auszustoßen und die Dame des Hauses (die gestern mit dem Kind) zu rufen, dass sie doch bitte die Spinne entfernte. Wir haben nur noch mitbekommen, wie sie sich das Vieh kurz angeschaut hat und ebenfalls recht schnell die Flucht ergriffen hat, daher wissen wir bis heute nicht, was das für ein Vieh war. Eine, sehr kurze weil überaus ekelige, Suche im Internetz hat ergeben, dass es sich wohl um eine „Common Rain Spider“ handelte, die hier auf Beute aus war. Menschen werden während der Brutzeit (= jetzt) häufig gebissen, das Gift ist aber nicht sehr gefährlich, es verursacht aber Brennen und Schwellungen.
3/4-tel der Herde waren jetzt froh im Auto zu sein und wollten auch so bald nicht mehr raus. Jens sowie die beiden plüschigen Kirschkernkissen Wuschel und Mu-Shan.
Mussten wir alle aber auch gar nicht, denn jetzt ging es die 280 Kilometer nach Port Elizabeth beziehungsweise Gqeberha. Zu den Namen später mehr, wir verwenden aus Gewohnheit erst einmal mit Port Elizabeth oder auch P.E. – hier haben ja Jens Eltern knappe 8 Jahre gelebt.
Durch Knysna hindurch ging es wie gestern auf die N2, die wir dann mehr oder weniger bis zu unserem Ziel fahren würden.
Nur heute ohne Polizeikontrolle. Zumindest an der Stelle, wo sie gestern war.
Die Straße war überraschend gut ausgebaut und wir kamen recht gut voran. Das Fahren war hier einfach und ohne Probleme möglich, nur auf die Minibusse beziehungsweise die ganzen Fußgänger musste man aufpassen. Ja, auch an einer Nationalstraße, bei uns so etwas wie ein Hybrid aus Autobahn und Bundesstraße, gehen Leute zu Fuß entlang und überqueren die Straße auch plötzlich. Die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h macht das aber zu einem recht angenehmen Fahren.
Die Bucht von Plettenberg Bay sah heute schon schöner aus als gestern, wir wollten aber hier nicht anhalten, sondern hatten gestern einen Tip von Raymond bekommen: Eine schöne, kleine Wanderung im Tsitsikamma National Park, etwa 100 km von Knysna entfernt.
Leider hatten wir Google Maps, was wir über Android Auto als Navigationssystem verwenden, auf „Mautstraßen meiden“ programmiert. Daher wurden wir kurz nach Plettenberg Bay auf eine Regionalstraße abgeleitet, um eine Mautstrecke auf der N2 zu vermeiden. Da das aber schön aussah und wir eh Zeit hatten, sind wir hier einfach weiter gefahren.
Was für ein glücklicher Zufall, denn so entdeckten wir diesen Ort hier: Nature´s Valley.
Nature’s Valley ist ein Ferienort und ein kleines Dorf an der Garden Route an der südlichen Kapküste Südafrikas. Nature’s Valley liegt zwischen dem Salt River, den Ausläufern der Tsitsikamma Mountains, dem Indischen Ozean und der Groot River Lagune. Nature’s Valley hat ein mildes Klima und ist vom de Vasselot Nature Reserve umgeben, das Teil des Tsitsikamma Parks ist. Es leben hier etwa 500 Leute und für viele aus der Umgebung ist das hier ein Tageausflugs-Ziel, wenn man beispielsweise mit Kindern geschützt baden möchte. Außerdem gibt es hier viele Wanderwege und viele Tiere zu beobachten. Glücklicherweise hat Jens erst nachher nachgelesen, wie viele Spinnen und Schlangen es hier gibt …
Wir parkten kurzerhand und spazierten Richtung indischen Ozean.
Das war schon schön hier (Bild anklicken für Panorama-Format)!
So kann ein Sonntag auch ausschauen – ein fast leerer Strand nur mit ein paar Anglern und Familien, schöne Brandung und Sonne.
Richtig Baden wollten wir dann aber nicht, also machten wir uns dann nach ein paar Runden durch den Sand wieder zum Auto auf und fuhren unsere kleine „Mautstrecke-Umfahren“-Route weiter.
Sind schon nicht die ärmsten Leute, die hier leben.
Vom indischen Ozean ging es wieder hoch auf die Höhe der N2 und damit hatte man hier und da doch einen schönen Blick auf den kleinen Ort.
Hier nochmal etwas reingezoomed auf die Lagune.
Auf der R102 wollten wir dann weiter die Mautstraße (Tollroad, daher das „T“) umfahren, meinte zumindest Google.
Das Klebeband dagegen meine „Nein“!
Anscheinend gab es – und das schon lange – einen Erdrutsch und eine damit verbundene Straßensperrung. Sowas dauert hier immer lange, gerade, wenn man eine Alternative hat. Die aber was kostet, wie wir jetzt feststellen durften.
War am Ende aber auch kein Problem, die Maut betrug 71 Rand, also etwa 3,30 Euro und man fährt einfach durch ein eGate und ein kleines Gerät in der linken oberen Ecke der Windschutzscheibe registriert die Mautzahlung. Und das geht dann einfach von der Kaution ab, die wir bei Europcar hinterlegt haben.
Also dann die N2 bis P.E. – einfach, gerade und tatsächlich etwas monoton. Durch Thorsten Sträter wurde es aber dann doch unterhaltsamer als vermutlich für die ganzen anderen Autofahrer. Wobei, so viele waren es gar nicht hier …
An der R102 hätte es noch das ein oder andere touristische Ziel gegeben, aber nach Adrenalin-Events war uns eh nicht.
Denn wir wollten ja immer noch in den Tsitsikamma National Park
Dieser war bis 2009 ein eigenständiger Nationalpark in Südafrika. Seither ist er Teil des Garden-Route-Nationalparks. Der Park mit einer Fläche von knapp 30.000 Hektar wurde 1964 eröffnet und erstreckt sich über fast 100 Kilometer entlang der Küste zwischen Kap St. Francis und Plettenberg Bay. Er umfasste nicht nur den ursprünglichen Urwald an Land, sondern auch einen 5,5 Kilometer breiten Streifen des küstennahen Meeres. Die Vegetation ist dort sehr üppig und vielfältig. Der dichte Wald mit seinen alten, bis zu 40 Meter hohen Bäumen ist einer der letzten Urwälder Südafrikas.
Hier fuhren wir also an den Eingang ran und … waren erschrocken.
Denn der Eintritt sollte über 30 Euro kosten. Wir wollten eigentlich nur einen kleinen, 3 Kilometer langen Rundweg machen um die Autofahrt aufzulockern. Das war es uns dann aber ehrlich gesagt nicht wert, also drehten wir kurzerhand um und fuhren wieder zurück zur Nationalstraße.
Gut, mit den 30 Euro wird ja vieles, sehr wertvolles und sinnvolles unterstützt, aber so Kosten-Nutzen-mäßig war uns das doch zu teuer.
Also fuhren wir weiter, nur unterbrochen durch viele Lacher aufgrund des Sträter-schen Humors.
Und auch diese Fahrt zeigte uns, wie schön Südafrika in dieser Gegend ist. Rechts der Indische Ozean, sehr viel Grün und doch recht gut ausgebaute Straßen.
Irgendwann wurde es dann doch wieder etwas urbaner. Hinter dem Ort Thornhill dann ein erstes Zeichen, dass wir uns dem Ziel nähern. Denn in Uitenhage hatte Jens Mama gelebt, bevor sie mit seinem Vater zusammen gezogen ist.
P.E. oder Gqeberha, wie es seit 2021 heißt, kam dann bald in Sicht.
Und P.E., mit rund 310.000 Einwohnern eine der größten Städte Südafrikas, ist auf den ersten Blick keine schöne Stadt. Viel Industrie, viel Beton und auch viel kaputte Infrastruktur. Die Städte Gqeberha, Kariega und Despatch sowie weitere Orte bilden seit 2000 die Metropolgemeinde Nelson Mandela Bay, in der rund 1,2 Millionen Menschen leben.
Die Stadt wird in Südafrika sowohl „The Windy City“ (Die windige Stadt) als auch „The Friendly City“ (Die freundliche Stadt) genannt.
Die Gegend um das heutige Gqeberha wurde ursprünglich von Khoikhoi bewohnt, die dort Weidewirtschaft betrieben. Der portugiesische Seefahrer, Entdecker und Abenteurer Bartolomeu Dias landete wahrscheinlich als erster Europäer im Jahre 1488 östlich der heutigen Stadt und errichtete an der Landestelle ein Steinkreuz. Dieses wurde Mitte des 19. Jahrhunderts gefunden und steht heute in einem Museum in Johannesburg. Eine Kopie des Kreuzes wurde im Stadtzentrum aufgestellt. Viele Jahrhunderte diente die Bucht als Versorgungsstation für Wasser, Verpflegung und Holz. Nahezu alle bedeutenden europäischen Handelsflotten kamen hier auf ihrer Reise von Europa nach Asien oder auf der Rückreise vorbei.
In der modernen Zeit ist die Region ist auch Schwerpunkt der südafrikanischen Autoindustrie und wird das „Detroit Südafrikas“ genannt. In Uitenhage befindet sich auch heute noch ein Werk des Volkswagen-Konzerns, mit rund 6500 Beschäftigten das größte in ganz Afrika. Früher war das ein Werk von General Motors und in dem hat Jens Mama als technische Zeichnerin gearbeitet.
Mehr Details dann morgen, wo wir eine private Tour gebucht hatten.
Die Stadt wurde auf jeden Fall im Februar 2021 in Gqeberha umbenannt, was der Xhosa-Name für „Walmer Township“, das älteste Wohngebiet der Stadt, ist.
Wir fuhren dann ein bisschen über ein, zwei Verkehrskreuze und kamen dann im Ortsteil Summerstrand an, wo unsere Unterkunft, das Admiralty Beach House, lag. Obwohl die Stadt als Touristenort aufgrund der vielen Strände gilt, ist es hier alles andere als sicher, daher waren wir recht vorsichtig, wo wir langfuhren. Das erste Mal seit Kapstadt.
Das Guest House war irgendwie merkwürdig, die Dame, die uns in Empfang nahm, war kurz angebunden und irgendwie leicht verpeilt. Das Zimmer war aber echt schön eingerichtet auch wenn wieder nur für einen Koffer Platz zum ausbreiten war. Ein ständiges Problem auf dieser Reise.
Aber egal: Die letzte größere Fahrstrecke ist erfolgreich absolviert, wir haben gute Laune und den Strand im Blick. Da es aber doch recht schwül draußen war, legten wir uns auf die Couch, tranken ein Softdrink und schauten was Cricket. Angemessen, denn in P.E. gibt es mit dem St George’s Park das älteste Test-Cricket-Stadion Südafrikas und eines der Heimstadien der südafrikanischen Cricket-Nationalmannschaft.
Sicherheit ist hier aber was anderes als die kleinen Törchen in Knysna oder Kapstadt. Wobei wir, soviel vorneweg, auch hier kein wirklich schlechten Erfahrungen gemacht haben.
Für das Abendessen haben wir uns eine Craftbeer Brauerei ausgesucht, die in P.E. (ich schreibe das mal weiterhin so, denn Gqeberha wird mit einem Klick-Laut ausgesprochen und das kann niemand außerhalb der Xhosa) seit 2011 Bier und Pub-Food anbieten. Genau das richtige, was wir jetzt haben wollen.
Also Uber gerufen und ab durch die rasch aufziehende Dunkelheit in das mitten in der Stadt liegende Baakens Valley.
Ein hell erleuchtetes Gebäude und Brau-Utensilien? Schaut schonmal richtig aus.
Der Laden selber war aber super leer. Also im Sinne von: 200 Plätze und vielleicht 10 Leute, die alle aussehen, als würden sie gleich bezahlen wollen.
Der Kellner meinte dann auch noch, dass sie eigentlich gerade die Küche geschlossen haben. Na toll. Wir überlegten schon nach einem Plan B, denn was zu Essen brauchen wir auf jeden Fall, da kam beim Kellner die Idee auf: „Ach, zwei Pizzen bekommen wir noch ohne die Küchen-Crew hin. Ich schau mal gerade …“
Gesagt, getan: Pizza geht und es waren dann auch tatsächlich zwei sehr gute Pizzen mit leckeren Teig und dünnem Boden.
Happy Meike! 🙂
Sehr gemein waren die beiden Töpfe mit Chili und Knoblauch, die er mit einem Grinsen auf den Tisch stellte. Wir hoffen mal, dass unser Guide morgen nicht zu empfindlich ist.
Aber schon ein schöner Ort, schade, dass er an diesem Sonntag Abend so leer ist. Das ist aber, wie der Kellern auf Nachfrage einräumte, wohl nicht selten so. Auch weil gerade Ferien waren und die Studenten nicht da sind, wäre der Sonntag eher ein ruhigerer Tag. Mittags wäre wohl mehr los als Abends, da würden sich wohl alle vom Party-Wochenende ausruhen.
Gut, wir probieren die Biere aus, wobei es keine besonders leckeren Biere zu vermelden gab. Es waren aber auch alle solide zu trinken mit der Ausnahme des Heinekens, was es aus irgendwelchen Gründen auf das Tasting-Board geschafft hat. Keine Ahnung wieso, vielleicht ist ein Fass alle gewesen.
Der Service war aber dem Namen der Stadt „the friendly city“ aller Ehren wert – super freundlich und nett.
Erneut ein Uber gerufen, was auch sehr schnell kam und ab zurück zum Guest House. Und da noch ein generisches Lager auf der Couch konsumiert, während die indische 20/20 Cricket Liga im TV lief.
Welcome to Port Elizabeth!