Der Name Franschhoek bedeutet in etwa „Franzosenecke“ und wurde 1688 gegründet, als sich etwa 200 aus Frankreich ausgewanderte Hugenotten in dem Gebiet niederließen, das sie wohl an ihre Heimat in den französischen Voralpen erinnerte. Unter den französischen Einwanderern befanden sich auch etliche Winzer, die bald erkannten, dass sich die ihre Siedlung umgebenden Berge hervorragend zum Weinbau eignen würden. Aus den ersten Versuchen entwickelte sich bis heute eines der wichtigsten Weinanbaugebiete Südafrikas. Entlang der Franschhoek-Weinroute erzeugen mehr als zwanzig Weingüter Spitzenweine.
Wein und gutes Essen gehen ja bekanntlich oft Hand in Hand und so war es für uns von vornherein klar, dass wir auch einen Fine Dining Besuch unbedingt einplanen sollten.
In Kapstadt gibt es neben dem Fyn, was wir ja besucht haben, noch ein weiteres, sehr bekanntes Restaurant: Das „Le Colombe“. Dafür war leider keine Zeit mehr, aber es gibt in Franschhoek ja noch die kleine Schwester, sinnvollerweise „Le petite Colombe“ genannt. Hier hält Chef John Norris Rogers den Kochlöffel in der Hand und entwickelte nach einem einjährigen Praktikum im La Colombe und einem Aufenthalt im Maaemo in Oslo (wo wir ja auch vorletztes Jahr waren) ein für diese Region passendes Menü. Innovative Technik gepaart mit lokalen Zutaten, ergänzt durch die afrikanische Flora und Fauna sind so in etwa eine gute Beschreibung seiner Küche. Sommelier Brian Hudha führt etwa 200 Weine auf der Karte, eine Weinbegleitung erschien uns also als sinnvoll.
Das Restaurant liegt im Grünen und ist Teil des Weinguts Leeu Estates. Uns erinnerte es sehr an eine Mischung aus einem alten Anwesen in den Südstaaten der USA gepaart mit einem modernen Weingut aus Kalifornien. Geld war offensichtlich kein begrenzender Faktor beim Bau dieses Areals. Unser Uber-Fahrer brauchte vom Eingangstor (wo auch sein Führerschein kontrolliert wurde) bis zum Restaurant nochmal so etwa 5-6 Minuten.
Das Ding ist riesengroß!
Viel Kunst steht und hängt herum und uns hat es tatsächlich auch gefallen. Irgendwie passte es hier her, was bei uns Kunst-Unsachverständigen ja nicht oft der Fall ist.
Einmal rein wurden wir super freundlich in Empfang genommen und in einen kleinen Bereich geführt, wo wir erst einmal ankommen sollten.
Dazu gab es Handtücher, die mit warmen Wasser angegossen wurden und einen ersten Sekt.
Und, weil man ja hier „im Grünen“ ist: Ein Picknickkorb!
Sehr cool präsentiert von oben nach unten: eine Auster mit einer Carne Asada und Grapefruit. Dann eine künstliche Olive mit Olivenöl drinnen (sehr anspruchsvoll und beeindruckend!) und ein Sandwich mit Schneekrabbe aus Namibia. Dazu zwei Sparking Wines aus dem Valley und wir konnten richtig gut ankommen.
Der Restaurant-Bereich wurde dann langsam vorbereitet und wir wurden an unseren Tisch gebeten. Auch wenn es hier noch sehr leer und kahl aussieht, der Raum wurde an diesem Montag komplett voll und auch ein bisschen laut. Aber auch das passt hier zumindest zu einem gewissen Grad zum Ambiente und störte nicht.
Bei der Weinkarte haben mal so pro forma auf die Weine der alten Welt geschaut. Eine unserer Lieblingslagen hat es auch hier auf die Karte geschafft (Erdner Treppchen), aber knappe 90 Euro war uns dann doch zu viel.
Also eine Weinbegleitung und zwar zwei unterschiedliche: Meike genoss die „normal“, Jens dagegen eine „Premium“. So maximierten wir die Auswahl, auch wenn es am Ende nicht mehr so nötig war.
Hier als Beispiel die beiden Weine, die zum ersten Gang am Tisch gereicht wude: Ein Sauvignon Blanc namens „Erika O“ von 2021 für Meike beim Classic Pairing und ein Terra Loco Deja Vu Grenache vom 2023 für Jens beim Premium Pairing.
Generell hatten wir das Gefühl, dass beim Classic Pairing die Weine etwas unrunder oder kantiger waren. Alle sehr gut gewählt und oftmals wechselnd zwischen den Gang ergänzenden oder die Kernkomponente unterstützenden Weinen. Alles in allen konnten wir über das Pairing nicht meckern und erlangten so einen schönen Überblick über die südafrikanische Weinwelt.
Ohne was zu Essen wäre das aber nicht so sinnvoll, also gab es dann auch gleich den nächsten Gang. Wieder sehr ansprechend (fast schon „Instagramm-able“, wie man heute so sagt): Ein Langoustinen Salat mit vielen Kräutern und wenig Langoustine.
Die Aromen waren hier sehr kräftig und das feine Fleisch der Langustine kam hier für uns etwas zu kurz. Irgendwie hatte Jens ab diesem Zeitpunkt aber auch mit dem Magen zu kämpfen und das wurde dann auch immer mehr zu einem Faktor, der das Gesamterlebnis etwas trügte.
Denn hier wurde ein visuelles Highlight nach dem anderen präsentiert: Der Brot-Gang zum Beispiel!
Einfaches Sauerteig-Brot, allerdings mit diversen Beilagen. Essig mit Öl über eine Butter mit Malay-Curry-Creme (die Puzzelstücke), einer Fisch-Creme (die Schiffchen oben links), einer leicht gesalzten Butter mit Brotcrumen als Texturgeber (oben), einer Leber-Pastete (im Schatten vom Brot gelegen) und eingelegtes Gemüse unten rechts.
Sehr kreativ und sehr gut gemacht. Auch wenn die Geschmäcker hier nun wieder etwas milder wurden, fanden wir zumindest.
Letzteres zog dann beim nächsten Gang wieder an: Einer Tartelette mit Crayfish, Peri-Peri und Ponzu-Gel. Sehr schön präsentiert und in zwei Happen gut zu genießen.
Hier waren wieder die stärkeren Aromen am Werk, gerade Peri-Peri (also Chilischoten) waren deutlich spürbar, ließen aber Platz für den Flusskrebs.
Der Gelbflossen-Thun mit Cardamom und Kokosnus war dann auch recht stark gewürzt, hier spielte Jens Magen aber schon nicht mehr mit. Daher gab es hier auch eher andere Themen und wir haben uns weniger auf das Essen konzentriert. Was aber hängen geblieben ist, war, dass das alles eher süd-ost-asiatisch schmeckte, was in das Menü nun eher nicht passte.
Ach ja, die Curry-Sticks waren eine coole Idee, die Chili-Fäden dagegen sooooo 2006 … 😉
Ein Signature kam danach: Frisch geangelter Fisch und „Viskop Chowder“. Also ein aus Fischresten gekochte Suppe, die uns etwas ölig daher kam. Der Fisch und die krosse Fischhaut darauf waren allerdings sehr, sehr gut.
Das Bohnenkraut kam etwas überraschend, passte aber wiederum zum Chowder.
Jens musste jetzt aber echt aufpassen, aber der Hauptgang sollte noch gehen. Vorher gab es aber einen „Palate cleanser“ der besonderen Sorte:
Mit einem Isi-Siphon wurde ein Kalamansi-Schaum in eine Schale mit einer Art „Mehlpulver“ gegeben. Diese Kugel wurde dann darin gewälzt und uns auf einem Blatt übergeben mit den Worten „Bitte vom Blatt essen“.
Das Pulver waren tatsächlich getrocknete und zerstoßene Insekten beziehungsweise Würmer. Ein Mehl, was gerade bei den Einheimischen schon lange verwendet wird, allerdings mehr als Medizin.
Hauptgang: Meike Lamm mit Salsa Verde und Kapokbos. Letzteres ist auch als afrikanischer Rosmarin bekannt. Das war sehr lecker und gut.
Jens hatte sich für das Karoo Wagyu entschieden und war davon etwas enttäuscht.
Dazu gab es zum Beispiel die unvermeidlichen Trüffel, die hier wieder zu schwach von der Aromatik waren und einfach nur als Textur wirkten. Was nicht zum zarten Fleisch passte. Auch war die Salsa Verde recht hart, so als ob der Teller zu lange am Pass gewartet hat. Und die Zwiebel hatte etwas starke Röstaromen, wie man sehen kann.
Alles in allem ein recht durchschnittlicher Hauptgang, auch wenn es natürlich sein kann, dass unsere beiden recht angeschlagenen Mägen hier eine Rolle in dem Erlebten gespielt haben.
Nachtisch Käse – hier in der kreativen Variante: Geräucherter Standford, Birne und Senf. Klassische Kombination, ein wenig an unseren „Halven Hahn“ im Jellyfish in Hamburg erinnernd.
Für Jens war dann aber hier Schluss, denn sein Magen vertrug gar nichts mehr. Auch die Weinbegleitung beendete er hier.
Meike hatte noch Platz für den Nachtisch, zu dem aber leider ihre Weinbegleitung und nicht die von Jens gereicht wurde. Hatten wir zwar anders drum gebeten, aber hier schlug auch manchmal der „Lost in Translation“ Effekt zu. Es gab aber noch einmal was leckeres zu Essen nämlich Stonefruit, Creme fraiche und Knusper.
Eine Reminiszenz von Chef Peter Duncan an seine Kindheit und Meike an Dosenfrüchte erinnernd. Was wohl, wenn man die Dose sieht, auch Sinn des Ganzen war.
Die Petit Fours gab es dann auch spielerisch in Form eines Candy-Karrens.
Hier konnten wir jeder 4 Stücke aussuchen, was wir auch schnell taten. Denn unsere Mägen wollten Ruhe, eine offene Hose und eine Toilette in Sprungreichweite.
Also gab es noch zur Überbrückung der Wartezeit auf unser Uber einen Tee. Und jeder, der Jens kennt, weiß: Dann geht es ihm wirklich schlecht!
Uber da, also raus mit uns und zurück zur Farm. Leider ein abruptes Ende dieses Abends, aber es ist halt wie es ist.
Die sternenklare Nacht wurde noch ein wenig für die Einordnung der hiesigen Sternenbilder verwendet aber dann ging es auf das Zimmer.
Die Nacht war dann sehr, sehr unschön. Wobei wir am nächsten Morgen erfuhren, dass in Kapstadt wohl ein Magen-Darm-Virus umgeht und alle Gäste, die aus Kapstadt gekommen waren, Magenprobleme hatten. Und das Essen im Le Petite Colombe war es sicher nicht, was die Probleme gerade bei Jens erzeugt hat.
Was bleibt also vom Essen? Kreativ, sehr visuell und sehr intensiv was die Gewürze angeht – das kann man auf jeden Fall vom Menü sagen. Die Weine waren durch die Bank weg gut ausgewählt und passten sehr gut zum Essen.
Wenn wir es mit dem Fyn vergleichen müssten, wäre das schwer, denn die Ansätze sind sehr unterschiedlich. Unserem Geschmack gefiel das Fyn besser, weil wir aber auch sehr japano-phil sind, was das Essen angeht. Und uns eher diese „Muss für ein schönes Foto taugen“-Teller oftmals überfordern. Der Service war herzlich und gut, aber auch hier hätte für uns das Fyn ein bisschen die Nase vorne. Wir sprechen hier aber vom Jammern auf höchstem Niveau, denn das was einem hier im Le Petite Colombe auf den Lieu Estates geboten wird, ist Fine Dining auf allerhöchstem Niveau.