Zum Inhalt springen

Restaurant Schanz, Piesport

Über unser heutiges Restaurant sagt der Guide Michelin in seiner Bewertung 2024: „Solch ein Top-Restaurant würde man im beschaulichen Piesport an der Mosel eher nicht vermuten. […] Mit eigener Handschrift setzt der Patron klassische Küche modern um. Mutig kombinierte Aromen fügt er auf dem Teller harmonisch zusammen. Bei der Produktqualität geht er keine Kompromisse ein. […]“. Wir waren tatsächlich schon mal hier und hatten damals auch solche Gefühle von Heimat, Harmonie und kombinierten Aromen. Denn eine der ersten Fahrten mit unserem damals neu erworbenen Gebrauchtwagen führte uns in das beschauliche Piesport, einem 2000 Einwohner großen Ort an der Mosel. Und der größten Weinbauorte im Anbaugebiet der Mosel.

Hier findet man in der Bahnhofstraße 8a das Hotel, Weinhaus und Restaurant Schanz. Ein Familienbetrieb, in dem Thomas Schanz in der Küche seit 2012 die Kochlöffel in der Hand hält und das von seiner Mutter Gabi am Empfang und Vater Erich im Hintergrund betrieben wird. Ohne Investor, ohne Mäzen, ohne weitere Sicherheiten – ein doch eher seltenes Konzept in der Welt des Fine Dinings.

Um so erstaunlicher, dass Sohn Thomas nach seiner Ausbildung in der Traube Tonbach und den weiteren Stationen wie das Gästehaus Erfort von Klaus Erfort oder das Waldhotel Sonnora in Dreis wieder zurück in seine Heimat kam und dort mit seinem Hotel Stück für Stück etwas erschaffen hat, was eben diesen familiären Charakter zeigt und dennoch zu den Top Adressen in Deutschland gehört.

Nicht umsonst wurde Thomas Schanz Koch des Jahres 2021, denn 2022 erfolgte dann die höchste Würdigung durch den Guide Michelin mit 3 Sternen, die bis heute verteidigt wurden. Von unserem ersten Besuch sind uns zum Beispiel noch wohlige Aromen und eine fantastische Jakobsmuschel mit Garnele und warmen Tomatengelee in Erinnerung. Die es am zweiten Abend gab, denn der erste Abend ist etwas … verschwommen, denn nach dem Essen gab es noch eine legendäre Weinprobe mit Schanz Senior, die das davon stattgefundene Bistro-Essen etwas … ähh … verdrängt hat.

Was uns auf jeden Fall auch in Erinnerung blieb war die Herzlichkeit des Services und eigentlich aller Angestellten dort. Und eben dieses Gefühl von „Heimat“ oder „zu Hause“, was vermittelt wurde.

Und als wir unsere Radtour gebucht haben, war uns schon mehr oder weniger klar, dass wir hier noch einmal hin wollen. Dies war übrigens einer der Gründe, weswegen wir die Extra-Nacht in Trier hatten, denn so waren wir zu den Öffnungstagen des Schanz in der Nähe von Piesport.

Beim Empfang wurden wir von Frau Schanz willkommen geheißen und zu unserem Tisch an einer Seite des Restaurants begleitet. Ein Aperitif fand seinen Weg zu uns (schöner Winzersekt von der Mosel, natürlich) und kurz danach ging es dann auch schon los mit den ersten Grüßen aus der Küche.

Und wir wissen ja, dass man zwei Restaurants nicht unbedingt miteinander vergleichen soll und das wollen wir auch nicht. Aber wir waren nunmal ein paar Tage zuvor in einem ähnlichen Kaliber bei Christian Bau zu Gast und somit verfielen wir immer wieder in ein „Aber im Gegensatz zu …“. Aber – und das war beziehungsweise ist uns wichtig – nicht um ein Gang über den anderen zu stellen, sondern vielmehr zu schätzen, wie man hoch Kochkunst auf so unterschiedliche Art und Weise zeigen kann. Bei Christian Bau ging es oft um den ost-asiatischen Ansatz mit einem Hauptprodukt und begleitenden Komponenten dabei. Bei Thomas Schanz dagegen zeigte sich der französische Ansatz mit einem Fokus auf Saucen, Kombinationen und sich ergänzenden Komponenten.

Bestes Beispiel eben die ersten drei Grüße: Ein Cannelloni vom Thunfischbauch mit einer stark gewürzten Blumenkohlcreme und Forellen-Kaviar. Drei sehr spannende Zutaten, die gemeinsam einen Effekt erzeugten. Und zwar so einen Effekt, dass wir beide einfach nur da saßen und „Wow“ sagen konnten.

Die anderen Grüße waren nicht weniger filigran, komplex und doch einfach nur lecker. In der Mitte ein Teigkissen mit geräuchertem Mosel-Aal, Wachteleigelb und getrocknetem Kaviar. Hier war gerade der getrocknete Kaviar echt spannend, denn es fehlte etwas dieses „Plopp“ beim Biss aber eben nicht das Salzige. Spannend.

Und rechts auf dem Bild ein French Toast, nur in eben Gourmet-ig: Mit roh mariniertem Sepia und Chorizo. Und was ist an einem French Toast nicht zu lieben?

Bei den folgenden Gängen könnten wir genau so weiter schreiben, lassen aber lieber die Bilder sprechen. Als nächste dann der sogenannte „Signature dish“: Das Trüffelei ist eine ausgehölte Eischalte mit einer Füllung aus Trüffeleierstich und Nussbutter. Dazu gehackter Trüffel und getoppt von einem Trüffelschaum.

Trüffel kann ja sehr schnell von „man schmeckt es nicht“ über „lecker“ zu „oh Gott, ich schmecke nur noch Trüffel“ gehen, weswegen die Dosierung so schwer ist. Und hier war sie einfach perfekt: Löffel rein und ab dafür!

So muss das sein!

Der letzte Gruß war schon fast ein Gang von den Komponenten her: eine kalte Gazpacho mit überaus fester Konsistenz. Die wiederum hervorragend zu dem Mousse aus Tomate, Gurke, Zucchini und Fenchel passt auf der sehr leichte Oliven liegen. Garniert mit einem Zitronen-Sorbet und zwei kleinen Sardellen-Stücken. Und unter dem Schaum ein hervorragend gewürztes Kalbstarter.

Einfach nur lecker und auch wieder so ein Gang, wo die Kombination den meisten Reiz ausübte. Obwohl gerade das Gazpacho und das Tartar auch für sich schon äußerst lecker waren.

Als nächstes kam der Nakatomi Tower … ähh .. nein, ein Wolkenkratzer zu unserem Tisch. Und das war wieder einer der besten Gänge die wir bislang irgendwo hatten.

Ein „Wolkenkratzer“ in dem jede Etage mit Gänseleber, Pampelmuse, einem Wildkräuterglace oder einem Gel aus Pastis ausgefüllt war. Darauf noch etwas alter Gouda, eine eher unübliche Komponente im Fine Dining Bereich. Warum eigentlich?

Denn die Empfehlung vom Service war: Einmal quer durch und alles in den Mund! Und so machten wir es auch und was für ein Geschmack: Fest, salzig, cremig, würzig, süß, kräuterig, alkoholisch, bitter, sauer dann wieder frisch und dann wieder kräftig. Einfach Wahnsinn! Das Pulver von der Waldbeeren um den Turm herum brachte noch einen kleinen Kick hinten raus und wir müssen einfach nur sagen: Das war der Hammer!

Über den Gang werden wir noch lange reden!

Was übrigens auch für die Weinbegleitung zutrifft, denn im Schanz ist es üblich, dass man zu jedem Gang aus zwei Weinen auswählen kann. Einmal einen internationalen Wein, meistens eine traditionelles beziehungsweise konservativeres Pairing. Und dagegen quasi die „Mosel-Variante“, also das, was die Region anbietet. So konnte man, auch wenn der Wein tatsächlich 3 Mal erst nach dem Essen zu uns kam, immer aussuchen und seine Neugierde mehr oder weniger befriedigen. Und, wie wir es machten, beide Weine parallel verkosten, wenn man einfach einmal den lokalen und einmal den internationalen Wein einschenken lässt.

Nächster Gang: Wilddorade mit Sauerampfer und Kaviar.

Das war für Jens der schwächste Gang, denn der Sauerampfer schmeckte irgendwie jodig, fast schon als ob Algen dazu gemischt wurde. Die Dorade war sehr gut, nur der Sud war zu intensiv und übertönte den Fisch und den Kaviar für Jens zu stark. Meike fand den Gang dagegen gut.

Beim dritten Gang war das Ergebnis dann genau anders herum: Für Jens sehr lecker, für Meike unrund und irgendwie unausgeglichen. Ein Sud von Minze an einem Seehecht mit getrockneter Papaya, geröstetem Reis und sehr viel Minze. Dazu auch eine leichte Alge und ein Zitrus-Öl.

Für Jens spannend, recht karibisch angehaucht und mal was anderes von der Geschmackswelt her. Für Meike dagegen, wie schon gesagt, unrund und nicht ihr Geschmack.

Danach kam wieder eine recht lange Pause in der unser Wein diesmal sehr früh am Tisch war und wir länger auf unser Essen warten mussten. Am Ende haben wir erfahren, dass es wohl ein paar spontane Umsortierungen bei den Gängen gab, auf die im Service nicht optimal reagiert wurde. Kann passieren, war in der Situation doof aber trügte das Gesamtbild des Abends nur marginal.

Auch der nächste Gang wurde mit leicht geteilter Begeisterung aufgenommen. Allerdings nicht bei der Weltklasse-Präsentation, die steht außer Frage. Nein, das geröstete Ochsenmark auf dem Carabinero wurde von Meike nicht so gut aufgenommen, wohingegen Jens es fantastisch fand.

Der Bergamotte Sud und der sehr feine Staudensellerie war eine schöne Ergänzung zum selbstverständlich perfekt zubereiteten Carabinero. Das Gitter über dem Schalentier wurde aus der gerösteten und pulverisierten Schale gemacht und der Sud wurde durch ein paar Tropfen Minzöl finalisiert.

Wie gesagt: Für Meike nicht das Highlight des Menüs, für Jens schon nahe an der Perfektion.

Beim Hauptgang dagegen bestand wieder Einigkeit: Das war Weltklasse! Rehrücken, Rehragout und ein Croustilliant mit Rehinnereien. Alles liegt auf gebeizter Süßkartoffel und einem kleinen Türmchen aus Eiskrautsalat. Als Garnitur lagen Perlzwiebeln, knusprige Weinhefe und Kräuter daneben, die mit dem Rooibos-Sud hervorragend harmonierten.

Unser Highlight auf diesem vorzüglichen Teller war das kleine, frittierte Säckchen mit den Innereien: Da war alles dabei, was man mögen muss. Die Innereien nicht zu dominant und mit schönem Aroma. Dazu dann die Soße und das natürlich perfekt gegarte Fleisch … ein Traum!

Nächster Programmpunkt: Der Käsewagen! Mal wieder ein perfekter Abschluss kurz vor dem Dessert und wieder mit ein paar spannenden Produkten, die vom Service auf Jens Teller gezaubert wurden.

„Interessant“ war der Herr neben uns, der uns ohnehin schon merkwürdig vorkam und der fragte, was denn passieren würde, wenn man mehr als 5 Käse haben wolle. Bei der Präsentation wäre ja kein Limit genannt worden. Das Paar war eh etwas seltsam und sprach auch so mit dem Service, dass es teilweise für uns etwas unangenehm war.

Aber gut, Jens hatte seinen Käse und wir hatten ja uns zum unterhalten. Und vielleicht sind wir ja auch für andere komisch, so wie wir reden. Highlight war übrigens der Käse auf 10 Uhr liegend, der ein Sakura-Blatt eingearbeitet hatte. Und der Käse auf 2 Uhr, der mit Marillenschnaps eingerieben wurde.

Beim Nachtisch gab es dann natürlich auch wieder süßen Wein. Dachten wir zumindest bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Sommelier ein Sekt aus Gewürztraminer von der Mosel an den Tisch zauberte. Faszinierend was es so gibt und eine starke Wahl für das Dessert, was gleich danach präsentiert wurde.

Eine Erdbeerenblume mit Joghurtbaiser, einem Sud aus grüner Tomate und Weizengras. Künstlerisch sehr schön präsentiert und ein nicht zu süßer Abschluss, was wir ja eher mögen. Zusammen mit der Auslese (die Jens hatte) oder dem Brut (den Meike hatte) ein klasse Abschluss des Menüs, weil nicht zu sättigend. Klasse!

An allen Tischen kehrte langsam Ruhe ein und die ersten Gäste beendeten auch ihr Menü. Jeder Tisch wurde übrigens von Chef Schanz persönlich, meistens mit Handschlag verabschiedet – ein netter Touch wie wir finden.

Bei uns kam dann noch ein „Nach-Dessert“ an den Tisch, quasi als Abschluss: Eine Eiscreme von Wacholder und Banane mit einer Radicchio-Scheibe darauf und ein Ananas-Jus. Frisch, würzig, nicht zu süß und lecker. Sogar Meike, die eigentlich Banane vermeidet wo es nur geht, ein guter Abschluss.

OK, die Petis Fours gab es auch noch – viele leckere Kleinigkeiten, die wir leider nicht mehr alle im Kopf haben. Aber von dem „Schanz on the Beach“ getauften Konfekt aus Wodka, Cranberry und Aprikose über den Fudge unten links bis zu dem Blätterteig mit Frucht ganz oben war alles lecker, so viel wissen wir noch.

Ein fantastischer Abend. Und nicht vergleichbar mit dem Abend bei Christian Bau. Wir haben das spontan die beiden Seiten einer Goldmedaille genannt: Auf der einen Seite die große Kunst der hohen japanischen Küche, die uns nun einmal sehr nahe ist und die wir eh sehr mögen. Auf der anderen Seite ein starker Einfluss von französischen Techniken und globaleren Grundprodukten von höchster Qualität, die in spannenden und komplexen Gängen zusammengeführt werden. Wenn, dann eher leicht mediterran in der Aromenwelt und doch schon eher an eine Weltreise erinnernd, fanden wir es hier auch wunderbar. Und mehr können wir nicht loben, die Pausen waren vergessen und die falsche Taktung mit dem Wein nach dem Essen spielte keine Rolle mehr.

Beispielhaft für den hervorragenden Service dann noch eine Anekdote beim Abschied: Wir mussten ja noch zurück in unsere Pension nach Trittenheim. Insofern haben wir nach einem Taxi gefragt, was man an der Mosel besser beim Anfang des Abendessens macht. Denn der eine (!) Taxifahrer in der Gegend macht sonst Feierabend und dann muss wieder ein Taxi aus Schweich kommen. Was dann 40 Euro alleine für die Anfahrt kostet.

Also hat sich für uns spontan der Vater von Thomas Schanz bereit erklärt uns nach Hause zu fahren. Einfach so. Er müsse nur noch die Einkäufe aus dem Auto räumen. Wie grandios war das bitte schön?

Beim Ausgang stand Frau Schanz noch mit Bekannten bereit und wir hörten diverse Stories über Bekannte und Leute im Dorf und der Umgebung, während uns immer wieder gesagt wurde, dass ihr Mann ja gleich kommen würde. Nicht, dass er schon draußen stand und sich ebenfalls mit einem Bekannten unterhielt. Wir wussten nicht genau, ob wir jetzt unterbrechen sollten oder nicht und irgendwann kamen die beiden Herren von draußen rein und frugen, ob wir alle (der Bekannte selber war der Fahrer der Gesprächspartner drinnen) nicht jetzt nach Hause wollen würden. Also rein in den Wagen mit dem Vater und ab über die Bundesstraße nach Trittenheim. Dabei wurde noch lange über das Gastspiel von Chef Schanz im Hangar 7 in Salzburg Anfang des Monats gesprochen, wo er die Crew von Martin Klein aktuell fast das identische Menü beigebracht hat und was es dort aktuell zu Essen gibt.

Glücklich, mit vielen leckeren Erinnerungen und guten Gesprächen ging es dann ins Bettchen. Auf das wir nicht wieder so lange brauchen, bis wir hierhin zurück kommen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.