Bei der ursprünglichen Planung hatten wir uns für Woodstock eigentlich gar nicht interessiert. Durch ein, zwei Recherchen kamen wir aber auf den Ort, wo es doch einige gute Hotels und Restaurants gibt, und beschäftigten uns mehr mit dem Thema und dem Tal.
Etwas entfernt vom Ort Woodstock selber gibt es zwei Möglichkeiten zu übernachten und dort auch zu essen: Einmal in einem größeren Inn namens „Inn on the river“ und dann eben im Lincoln Inn, wo wir dann zugeschlagen haben. Denn hier versprach die Internetseite, dass man ein „Gourmet-Abendessen“ von „europäischer Art“ bekommen könne. Nun, das haben wir ja schon ein paar Male gehört und bislang waren die Resultate eher … enttäuschend.
Vorab wurden wir von Mara Mehlman, eine der beiden Inhaberinnen des Inns, aber schon so herzlich im Empfang genommen, dass wir schonmal sicher waren, dass es schön werden würde. Ob es in Richtung der gehobenen Küche gehen würde, war uns aber immer noch nicht so ganz klar, denn ein Menü haben wir vorab nicht zu Gesicht bekommen.
Pünktlich um 18:30 Uhr kamen wir dann in die Bar, wo wir einen Aperitif einnehmen konnten. Mit uns war noch ein weiteres Pärchen aus Boston für das Abendessen angemeldet und somit würde es eine intime Veranstaltung werden.
Ach so: Der ganze Abend würde unter dem Thema stehen, was an der Bar angeschlagen stand, nämlich „All because two people fell in love“.
Dadurch, dass eine 10 Personen Gruppe relativ spontan abgesagt hatte, würden wir wie gesagt nur zu viert bleiben und wurden deswegen in einen kleinen Anbau verfrachtet. Wo bereits sehr schön eingedeckt war und der geneigte Leser schon eine Anspielung auf den Ursprung dieses Anbaus finden kann. Kennt jemand noch Henry Gondorff? 😉
Der Anbau wurde nämlich komplett vom Schauspieler Paul Newman finanziert. Der verbrachte hier nämlich oft mit seiner Familie den Familienurlaub und wollte relativ in Ruhe essen können, ohne, dass ständig andere Gäste ein Foto oder eine Unterschrift von ihm haben wollen. Also bezahlte er dafür, dass er seinen eigenen Speiseraum haben kann und genau in diesem durften wir heute Abend speisen. Was normalerweise nicht passiert, da der Raum etwas abseits des Speiseraums liegt und somit eher schwerer zu bedienen ist. Bei 4 Personen würde das aber eher weniger ein Problem sein und daher wurde uns diese Ehre zuteil.
Schonmal ein starker und sehr sympathischer Beginn. Der österreichische Sekt und der Champagner waren übrigens auch sehr lecker und stimmten uns sehr gut auf das nun Folgende ein.
Denn kam auch schnell der erste Wein und auch der erste Teller. Was für ein Gang!
Der erste Gang war eine gepickelte spanische Makrele. Dazu gab es einen handwarmen japanischen Aal (Süßwasserall um genau zu sein, Unagi Kabayaki), recht neutralen und daher nicht zu stark würzenden Lachsrogen und die ja wirklich omnipräsente rote Beere. Dazu noch gepickelte Paprika-Drops und eine Creme aus Meerrettich.
Was für ein starker Beginn und zu dem Zeitpunkt war schon klar, dass wir hier mitnichten eines der Pseudo-Gourmet-Essen haben werden, sondern das die Messlatte hier durchaus der einer vom Michelin oder vom Gault Millau empfohlenen Küche genüge tun wird. Sehr viele Komponenten, sehr fein gearbeitet und recht französisch von den Techniken her mit einem deutlichen asiatischen oder genauer japanischen Einfluss, was die Aromenwelt und auch die Zutaten angeht.
Ach ja, dazu gab es einen Sauvignon Blanc aus Slowenien von Kobal. Die ausgewählten Weine der Weinbegleitung ergänzten, soviel schonmal vorab gesagt, fast immer die sehr aufwendig komponierten Teller.
Der zweite Gang war dann eine handgetauchte Jakobsmuscheln mit einem Tartar aus Kanpachi, Rogen vom weißen Fisch, Blumenkohl, Fenchel und frittierte Kapern. Textur, Komposition und Aromenwelt waren echt beeindruckend. Die Jakobsmuscheln war nicht die angekündigte „beste Jakobsmuschel eures Lebens“ und das musste sie auch gar nicht. Denn die Kombination war eben wirklich stimmig und begeisterte alle am Tisch. Beispielsweise waren auf der Jakobsmuschel kleine, eingelegte Zitronen Zesten, die eben sehr gut zum Muschelgeschmack passten. Und so verhielt es sich mit den meisten Komponenten auf dem Teller.
Jakobsmuscheltechnisch war die im Maaemo in Oslo noch etwas mehr nach unserem Geschmack.
Dritter Gang dann: Hummer aus Norwegen mit Sanddorn (sehr außergewöhnlich für die nordamerikanische Küche und für unsere Mit-Esser was völlig unbekanntes), Kaviar vom weißen Stör auf einer Terrine aus Sellerie und Pilz. Auf dem Hummer war noch eine Scheibe Lardo gelegt worden, was Meike zu der Aussage „Alles ist besser mit Lardo“ hinreißen lies.
Hier fanden wir den Hummer etwas in der Qualität abfallend, aber immer noch auf sehr gutem Niveau von der Technik der Zubereitung her. Und das mit dem Kaviar ist eben oft nix für uns, da das leichte Salzaroma eben für uns zu dezent herkommt oder bei starken anderen Aromen untergeht.
Die Bisque war allerdings der Hammer – fast keine der oft zu findenden Bitternoten durch die Schalentiere.
Es folgte der „Salatgang“, aber in der Luxusvariante.
Birne, Chestnut, karamellisierte Pepitas, Basilikum, Senfsaat, Blutorange, Radichio und Arugula. Klingt wild, war aber eben so ein Gang, wo man nicht so genau analysiert warum man jetzt die Gabel möglichst voll macht und in den Mund schiebt, es aber eben dann doch tut.
Dazu dann übrigens ein griechischer Moschofelero, was nach dem slowenischen Wein die zweite Überraschung für uns war, was die Weinbegleitung angeht.
Es folgte „das Wagyu unter den Hühnchen“: Jidori Chicken! Was eigentlich nur ein freilaufendes Hühnchen bezeichnet, aber eben aus Japan kommt und daher eine besondere Spezialität darstellt. Dazu wurde ein leicht frittiertes Wachtelbein, Trüffel und Nüsse auf dem Teller arrangiert. Jetzt etwas reduzierter was die Menge der Komponenten angeht, aber es geht eben auch mehr um das Hühnchen und nicht darum, viele Kombinationen zu ermöglichen. Was wieder eher in die japanische Richtung mit Fokus auf ein Produkt geht, finden wir.
Und das passte, denn das Huhn war auf den Punkt zubereitet, die Sauce ergänzte (genau wie der Wein, ein Pinot Noir aus dem Jura) und überlagerte nix und sogar der Trüffel machte etwas Sinn. Auch wenn es hier auch ein bisschen Angeberei war, vermuten wir mal.
Der letzte Hauptgang dann: Wagyu und Foie Gras. Wagyu aus Kagoshima, perfekt gebraten, ganz dünne Röstschicht. Dazu eine Foie Gras auf einem Toast mit etwas Togarashi drauf – spannende Kombination übrigens. Zum Fleisch dann noch Shiitake, ein Püree aus Rüben und eine schöne, nicht zu dicke Sauce.
Als Wein hat Mara, weil Jens per Mail nach „nicht nur europäischen Weinen, wenn es geht“ gefragt hatte, tatsächlich einen Wein aus Vermont eingebaut: Einen Reseve von der Boyden Valley Winery aus Cambridge, Vermont von 2015. Wie wir nachher erfahren haben, wurde sogar etwas herumprobiert, wie man den Wagyu-Gang anpassen muss, um den Wein in die Begleitung zu bekommen.
Und alleine das zeigt, mit wie viel Liebe hier gearbeitet wird.
Und das war das Menü, wobei natürlich noch ein Nachtisch kommt. Das Ganze liest sich ein wenig wie „alle Teile, die in einem Gourmetmenu vorkommen müssen, wurden eingefügt.“ – und das kann man so sehen. Oder man akzeptiert, dass hier eben mit guter Technik und viel Sachverstand eben auch alles auf hohem Niveau verarbeitet werden kann. Also mehr so das „weil ich / wir es können“. Und es ist dann am Ende doch mehr als die Summe aller Teile oder in diesem Fall: Mehr als nur die besten Produkte verwendet, sondern sie zu einem vorzüglichen Menü zusammengestellt, welches wir so nicht erwartet haben. Und wir hatten ja schon hohe Erwartungen (und ein paar Befürchtungen).
Der Nachtisch war dann der passende Abschluss mit dunkler Schokolade und Erdbeere.
Und ja, das ist Blattgold! Weil man es eben kann!
Wobei dies nur der kulinarische Abschluss war, denn der Abend war noch überhaupt nicht zu Ende.
Chef Jevgenija Saromova kam dann aus der Küche und zeigte zuerst in unserem kleinen Speiseraum ihre Präsenz. Und mit allen, Gästen wie Köchin und Sommelier, ging es dann wieder dahin, wo der Abend angefangen hat: In die Bar.
Und was wir da dann alles gequatscht, gelacht, erzählt, an Informationen, Tips und Ideen ausgetauscht und … ja, auch getrunken haben … darüber hüllen wir mal den Mantel des Schweigens. Vielleicht wurde sogar auch Klavier gespielt.
Fazit: Wer gutes Essen mag und sich das leisten kann, wird hier auf gar keinen Fall enttäuscht werden! Das können wir uns nicht vorstellen, denn dafür war der Abend zu konstant gut und zu konstant schön.
Wir werden, sollte es uns nochmal hierhin verschlagen, auf jeden Fall wiederkommen!