Ein Sonntag im Mai und wir sitzen in der Straßenbahn – warum?
Nun, seit der Corona-Lockdowns haben wir ja das Projekt „RheinBurgenWeg“ am Start, was wir ja unter anderem deswegen gewählt haben, weil man so einfach vom Start- zum Zielpunkt mit der Bahn fahren kann. Wo dann das Auto wartet, mit dem wir hin- und zurückfahren.
Generell eine gute Idee nur haben wir uns oft gefragt, warum wir nicht auch gleich mit der Bahn dort hinfahren. Mit der Zeit und der wachsenden Entfernung von Köln aus war das aber immer unattaktiver, sowohl zeitlich als auch preislich. Im Ernst: Für 2 1/2 Stunden Regionalbahn zahlen wir keine 50 Euro oder sogar mehr.
Durch das Deutschland-Ticket wurde aber der Preis aus der Kalkulation eliminiert und so haben wir uns halt gedacht: Ach, das probieren wir einfach mal aus. Also standen wir Sonntag früh am Kölner Hauptbahnhof und warteten auf die Mittelrheinbahn, um die nächste Etappe des RheinBurgenWeges von St. Goar nach Oberwesel zu gehen und im Anschluss mit der gleichen Linie wieder zurück nach Köln zu fahren. Leider fährt die Mittelrheinbahn ja nicht mehr von Köln-Dellbrück und damit quasi gleicht vor unserer Haustür ab, aber das macht bei der gesamten Fahrzeit auch nichts mehr aus.
Also standen wir auf Gleis 9 und warteten.
Die Regionalbahn schaffte es von Köln Deutz bis Köln Hauptbahnhof schonmal 5 Minuten Verspätung zu sammeln. Gutes Omen …
Die Baureihe 460, die von der trans regio hier noch verwendet werden, sind eigentlich farblich sehr schön eingerichtet.
Nur das mit der Beinfreiheit ist … eben für eine Regionalbahn gedacht.
Die Hinfahrt war aber angenehm, ein Podcast auf den Ohren und vor dem Fenster zogen die Orte vorbei.
Und ab Rolandseck auch die Orte, die wir auf dem Wege des RheinBurgenWeges besucht oder gestreift haben.
Immer an Vater Rhein entlang ging es am oberen Mittelrheintal entlang über Remagen, Bad Breisig, Andernach, …
… bis zum Eisenbahnmuseum Koblenz-Lützel. Da müssen wir auch mal rein …
Für uns ging es heute aber dann weiter an Rhens vorbei über Boppard und der zur Loreley fahrenden MS Asbach der KD.
Boppard Hirzenach – hier haben wir kurz überlegt, ob wir nicht einfach zu einem kleinen Restaurant gehen, was Essen und wieder zurück fahren.
Aber in St. Goar empfing uns dann schönstes Wanderwetter, vielleicht auch etwas zu warm, und so konnten wir gar nicht anders als auszusteigen und die nächste Etappe in Angriff zu nehmen.
Auch wenn diese, wie immer, mit Treppen begann.
Haben eine Zeit auf diese Einschienenbahn gewartet, kam aber keine.
Also hieß es nach 2 1/2 Stunden sitzen: Die müden Knochen bewegen und hinauf auf den Hügel zum RheinBurgenWeg.
„Treppenweg“ – treffender kann ein Name nicht sein. Wobei „fieser Treppenweg“ noch genauer beschreiben würde, was wir zu dem Zeitpunkt empfunden haben.
Der Ausblick machte es aber wieder wett.
Der Weg selber ging dann immer wieder vom Rhein weg und wieder zurück, was eine recht abwechslungsreiche Etappe erzeugte.
Die Obstbäume blühten, erzeugten aber keine laufende Nase, was schon gut war. Denn aus den Poren schwitzten wir schon genug.
Nach einer Zeit kam dann die berühmte Loreley in Sicht.
Die Loreley ist eine 132 Meter hohe Schieferfelswand bei Sankt Goarshausen und eben schräg gegenüber von St. Goar und liegt an der tiefsten und engsten Stelle des Mittelrheins.
Bei vor allem älteren oder ausländischen Touristen gilt die Loreley als Inbegriff der Rheinromantik schlechthin und ist daher immer noch ein beliebtes Ausflugsziel.
Zur Romantisierung und damit zur heutigen touristischen Bedeutung des Felsens trug wesentlich das Kunstmärchen Lore Lay bei, das Clemens Brentano 1801 in seinem Roman „Godwi“ in Balladenform erzählte. Die Protagonistin ist eine schöne Zauberin oder Nixe, die auf dem Felsen sitzt und Männern das Verderben bringt. Brentanos Erfindung wurde sofort stark rezipiert, so dass sie schon vor der Mitte des 19. Jahrhunderts als Volkssage galt, als „Märchen aus alten Zeiten“ wie es in Heinrich Heines Gedicht „Die Lore-Ley“ heißt. Die Schein-Sage ist eng mit Mythologemen verknüpft, die schon aus der griechischen Mythologie bekannt waren, etwa mit dem der Nymphe Echo, die in einen Felsen verwandelt wird, mit dem des Zauberblicks, der wehrlos macht, oder mit dem des für Schiffer verderblichen Gesangs der Sirenen.
Die Stelle hier war schon immer für die Rheinschifffahrt eine gefährliche Stelle, selbst seitdem die gefährlichsten Felsen im 20. Jahrhundert gesprengt wurden. Gerade bei außergewöhnlichen Wasserständen gibt es auch heute noch Unglücke.
Daher gibt es mit der Wahrschau am Mittelrhein ein System zur Koordination des Schiffsverkehrs. Sie betrifft den knapp 7 km langen Abschnitt des Rheins, der eben sehr schmal ist, starke Strömung und einige Untiefen sowie enge Kurven aufweist, weshalb der Sicht- und Funkkontakt der Schiffe untereinander erheblich beeinträchtigt ist und zur Vermeidung gefährlicher Situationen nicht ausreicht.
Wahrschauen bedeutet in der See- und Binnenschifffahrt „Achtung“ oder „Vorsicht“ geboten.
Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Kapitäne der Rheinschiffe von speziellen Wahrschaustationen vor Gefahren gewarnt. 1972 wurde auf Lichtsignalanlagen umgerüstet, die zunächst von den Signalstellen Bankeck, Betteck und Ochsenturm aus bedient wurden. Seit 1993 werden die Signalstellen zentral gesteuert, eine Überwachung an den drei Stationen war aber zunächst noch nötig, bis 1997 die Radarüberwachung in Betrieb genommen wurde und die Revierzentrale Oberwesel, eine Betriebsstelle des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bingen, auch die gesamte Überwachung übernahm.
Auf dem Bild kann man unten rechts ein Signal erkennen, welches für die bergfahrenden Schiffe anzeigt, was für ein Verkehr entgegen kommt. Mit ein bis drei leuchtenden Balken wird die größe der Schiffe in den nächsten beiden Abschnitten angezeigt. Dabei ist das unterste Signalfeld dem nächstliegenden Abschnitt zugeordnet; die darüber liegenden jeweils den weiter entfernt liegenden. In den nächsten der insgesamt 7 Abschnitt darf man nur in Abstimmung mit der Zentrale einfahren.
Spannend und ein Thema für die nächsten Wanderminuten, während wir wieder einmal durch einen Wald gingen.
Warm war es langsam schon, aber immer noch besser als Wind und Regen.
Verlockungen wie dieser Schaukel widerstanden wir dann schon noch.
Aber irgendwann erlagen wir der Verlockung und gönnten uns eine kleine Pause mit einem jetzt nicht ganz so schlechten Ausblick. Mal wieder.
Einige Abschnitte des RheinBurgenWeges sind schon eintönig und ziehen sich etwas. Aber immer bekommt man solche Ausblicke geboten und denkt sich „Ach, ist es ja auch irgendwie wert!“.
Eine kleine Umleitung brachte uns dann tatsächlich etwas schneller zu unserem Etappenziel.
Und darüber waren wir jetzt nicht traurig, denn so richtig fit waren wir nicht. Dieser kleine Freund hier auch nicht, zumindest lag er faul herum.
Je näher Oberwesel kam, um so „weiniger“ wurde die Gegend, in der man sich schon langsam auf die Bundesgartenschau 2029 vorbereitet.
Kurz vor dem Ziel gab es dann noch Trolle zu sehen. Also keine echten, sondern künstlerische.
Meike fand es gut, Jens dagegen etwas albern.
Und die Wortspiele waren jetzt auch nicht alles Knaller.
Aber bei dem Blick verschmerzt man sowas schon eher. Und erst Recht, als unser Ziel Oberwesel in Sicht kam.
Dort hatten wir schon überlegt, wo wir was Essen wollen, als wir auf das Günderodehaus aufmerksam wurden. Hauptsächlich, weil dort so viele Autos standen.
Und da dort ein Tisch mit Blick auf Rhein und Oberwesel frei war, konnten wir ja quasi nicht anders als dort einzukehren.
Zu Essen gab es da aber nicht viel und außerdem waren ein paar merkwürdige Gäste da (e-Bike-Rentner, die das Konzept mit „Warten Sie hier, wir führen Sie zu ihrem Platz“ überhaupt nicht verstanden haben), daher machten wir uns auf in die Stadt.
Bergab ist ja fast genauso schlimm wie bergauf. Zumindest über einen längeren Zeitraum.
Aber dann waren wir in Oberwesel am alten Stadttor.
Der Ort selber sieht schön aus, es war auch viel los und ein Spielmannszug spielte auf.
Wir hatten uns schon im Vorfeld für eine Weinstube im Ortskern entschieden, wo wir auch noch einen Platz bekamen. Zugewiesen von der Senior-Chefin, die nebenan die Schichtpläne der nächsten Woche durchging und nebenbei alle Angestellten und Stammgäste in Gespräche verwickelte. Sehr nette Atmosphäre hier, die uns auch gleich zum Kauf einiger Gläser Wein animierte.
Und das Essen mit einem Krabben-Salat auf Spargel und einem „Himmel & Ääd“ als Vorspeise war dann auch genau das, was wir zum Abschluss dieser Etappe benötigten.
Die Weinkarte war natürlich auf einer Weinflasche angebracht – stilecht!
Hauptgang: Forelle bei Jens und …
… Schweinebraten bei Meike.
Lecker. So lecker, dass wir mit dem Nachbartisch, einer Wandergruppe aus dem Rheinland, ins Gespräch gekommen sind und völlig vergessen haben, dass wir ja noch mit dem Zug nach Köln zurückfahren wollten. Was dann zu einem recht hektischen Aufbruch geführt hat.
Der Bahnhof in Oberwesel liegt am süd-östlichen Ende des Ortes und man kann zum Bahnsteig in Richtung Koblenz und Köln über eine Bahnschranke gelangen oder durch eine Unterführung. Wir entschieden uns für die Schranke. Die zu war. Und zu bliebt bis … naja, die Bahn nach Köln vorbei fuhr.
Super – also hieß es etwa 25 Minuten zu warten, nach Koblenz zu fahren und dort in den RE 5 umzusteigen. Ein sehr voller RE 5, immerhin hatten wir Sonntag Abend, wo so einige Menschen unterwegs sein sollen.
Das Umsteigen in Koblenz war jetzt nicht so das Problem, außer, dass der Heißhunger Jens zu McDonalds geführt hat, um dort zwei Cheeseburger und eine große Cola zu kaufen. Also heute eher zu- denn abgenommen.
Im Zug zu sitzen während es draußen regnet hat auch was für sich. Mit dem Wetter hatten wir echt Glück gehabt.
Ein Vorteil des RE 5 ist, dass er via Köln-Mülheim fährt und wir so schneller zu Hause waren. Und die Menschen am Kölner Hauptbahnhof nicht auch noch ertragen musste. Stattdessen ertrugen wir die Menschen in Köln-Mülheim und waren dann auch bald zu Hause.
Fazit: Geht schon mit dem „Wir fahren mit der Bahn zum Wandern hin und zurück!“. Man muss nur Bahnfahren mögen und eine gewisse Resistenz gegenüber den Mitfahrenden haben. Denn die kann man trotz der paar Gläser Wein nicht so einfach ausblenden.
Wandertechnisch war die Etappe aber echt schön, kurz und knackig mit ein paar schönen Ausblicken und Abschnitten.
Statistik:
- Gelaufen am 07.05.2023
- Dauer 3:10 Stunden
- 9,7 Kilometer mit 248 hm