Wie befürchtet war die Nacht in Qeqertarsuaq nicht die angenehmste in Grönland. Die Vorhänge hielten zwar einiges vom Licht ab, aber der nahe Hafen und die damit verbundenen Geräusche machten der Nacht ein schnelles Ende.
Für den zweiten Tag auf der Disko Insel hatten wir keinen genauen Plan. Eigentlich wollten wir einen Hike zu einem nahen Berg machen – aber aufgrund des überraschenden Schneefalls vor ein paar Wochen war der Weg sehr matschig und da wir heute Abend noch mit dem Boot zurück nach Ilulissat fahren würden und uns dort im Hotel erst umziehen können, wollten wir kein Risiko eingehen.
Also erst einmal in Ruhe aufstehen, duschen, Koffer packen und als Letzte beim Frühstück erscheinen. Wo es eine kleine, aber sehr feine Auswahl gab inklusive dreier hervorragenden Salami-Varianten und kleinen, saftigen Küchlein.
Dann packten wir unsere Koffer in den Kofferaufbewahrungs-Schuppen. Mit viel Diebstahl muss hier anscheinend nicht gerechnet werden, denn abgeschlossen wird hier eh nix.
Wir hatten noch kurz überlegt eine andere Wanderung zu machen, uns dann aber für ein Umherstromern ohne Ziel entschieden. Und da wir dafür noch was Wasser brauchten, gingen wir einfach mal in den lokalen Supermarkt. Wo es alles für den täglichen Gebrauch gibt.
Ja, auch Waffen. Das Dorf lebt eben von der Jagd, man ist aber von amerikanischen Verhältnissen weit entfernt. Außerdem bekommt man nur mit einer Jagdlizenz und einer Art „Waffenführerschein“ ein Gewehr oder auch Munition.
Riesling gibt es überall.
Wir dagegen holten uns, neben den 2 Flaschen Wasser, quasi als grönländische Variante unseres Automatenspiels aus Japan, zwei lokale Getränkeflaschen der Firmen Faxe und Tuborg. Kennen wir ja eher so als Bierproduzenten …
Das deckte den Zuckerhaushalt für den restlichen Tag auf jeden Fall.
So mit Energie versorgt machten wir uns auf die gestern beim Startrundgang erwähnten „Bänke der Liebenden“. Wobei man schon sehr verliebt sein muss, um hier hin zu kommen, denn einen festen Weg gibt es nicht.
Auch der Stromleitung zu folgen war nicht erfolgversprechend, denn die führt auch mal über eine Matschlandschaft oder durch einen Teich.
Die Landschaft war schön, nur einen trockenen Weg zu finden war etwas beschwerlich.
Aber das kleine Kind in uns mag halt auch diesen Abenteuerspielplatz-Charakter und so kraxelten wir uns von Stein zu Stein, obwohl wir auch oft umdrehen und einen anderen Weg finden mussten. War zwar auf die eine oder andere Art anstrengend, aber trotzdem hat es auch tierisch Spaß gemacht.
Am Ziel angekommen belohnte dann aber der Ausblick auf Eisberge und die Disko Bay.
Von hier aus soll dann, wie bei der Führung durch den Ort gelernt, bald ein Lautsprecher stehen, mit dem man den Walen vor der Insel beim Singen zuhören kann. Bis dahin muss der Ausblick reichen, was er auch tat.
Uns folgte dann noch eine dänische Familie, die überraschend schnell ihren Weg zu uns fanden. Und weil 5 Leute für 2 Bänke zu viel waren, gingen wir auf etwas anderem Wege wieder zurück ins Dorf.
Aber der Blick war schon schön.
Nachdem wir mehr oder weniger durch unseren gewählten Weg in einem Vorgarten rausgekommen waren (und glücklicherweise nicht auf Schlittenhunde gestoßen waren), ging es durch das Dorf zum Hotel, wo wir es uns im Aufenthaltsraum gemütlich machten und ein Stück Kuchen bzw. ein Sandwich und etwas Kaffee genossen. Nicht ohne vorher noch eine der wenigen Sackgassen des Ortes „besichtigt“ zu haben. Meike war sich zwar sicher, dass es auch hier lang gehen könnte, aber dem war nicht so. Ein „Sackgasse“-Schild gibt es hier nicht, bei etwa 20 Straßen weiß man sicherlich auch, wo man her gehen kann und wo nicht.
Aber wir hatten Zeit und auch wenn die Füße etwas brannten war das ein schöner Spaziergang.
Und weil schlicht und einfach nicht viel zu tun war, blieben wir hier sitzen. Irgendwann kamen die beiden Kanadierinnen / Quebecian noch hinzu und wir unterhielten uns mit ihnen über Urlaube. Eine war mit ihrem Mann schon in Bhutan und auch sonst tauschten wir den einen oder anderen Tip aus. Ihr nächster Trip geht nach Mexiko, was auch nett klang. Schauen wir mal, ob und wann wir dahin reisen.
Letztendlich quatschten und spielten wir so vor uns hin und machten uns dann so 40 Minuten vor Abfahrt auf zum Anleger.
Eine Straße hatte uns auf dem Rückweg übrigens sehr gefallen, leider gibt es nicht überall Schilder von den Straßennamen. Auch weil Namen für die Straßen erst vor ein paar Jahren eingeführt wurden und jedes Haus im Ende zwei Adressen hat: Einmal Straße plus Hausnummer und einmal die schon lange praktizierte Durchnummerierung.
Aber die „Jensi“-Straße hatte was …
Am Anleger standen wir dann viel zu früh dumm herum. Es tauchten dann immer wieder Menschen auf, gingen wieder weg, unterhielten sich mit anderen und wir wussten als Fremde nicht so richtig, woran wir gerade waren.
Als dann, ein paar Minuten zu spät für die Abfahrt, ein Schiff der Disko Line auftauchte, begann ein kleiner Ansturm auf den kleinen Pier.
Ganz besonders „nett“ aufgefallen sind dabei 2 Dänen, die auch im Hotel Disko Island gewesen waren und die sich mit einer beeindruckenden Rücksichtslosigkeit in die Mitte des Pontons gestellt haben, sodass man nur sehr schwer an ihnen vorbei kam. Was gerade für das Ausladen der vielen Postsäcke jetzt nicht gerade zur Geschwindigkeit des gesamten Prozesses beigetragen hat.
Was aber dann langsam klar wurde: Das war gar nicht unser Schiff!
Unser Schiff hatte etwa 50 Minuten Verspätung, weil die Eisberge einen direkten Weg, wieder einmal, unmöglich gemacht hatten.
Für uns eigentlich egal, wenn wir nicht noch was zu Abend essen wollten. Der letztendlichen Verspätung machte das mit dem reservierten Tisch unmöglich zu schaffen. Eher war die Frage, ob die Küche überhaupt noch auf haben würde.
Weil wir das aber eh nicht ändern können, richteten wir uns auf dem vollbesetzten Schiff ein, setzten Kopfhörer auf und packten unser Lesematerial aus. Oder, im Falle von Meike, schliefen einfach etwas.
Wenn man so relativ unaufmerksam gegenüber der Umgebung ist, kann man sich schon überraschen, wenn auf einmal neben einem ein großes Kriegsschiff auftaucht.
Das lag aus irgendwelchen Gründen vor Ilulissat – wir haben nicht so richtig raus bekommen, warum. Aber dann waren wir auch bald schon da und wurden wieder zu Hotel gefahren.
Die Küche machte sich bereit uns noch eine Hauptspeise (also … „die eine Hauptspeise“) zuzubereiten und daher wollten wir nur mal kurz ins Zimmer einchecken. Wie es aber immer so ist, wenn man es eilig hat: Das Zimmer war noch nicht aufgeräumt. Da scheint beim Housekeeping etwas falsch gelaufen zu sein, denn das Bett war noch unordentlich, Handtücher auf dem Boden und benutzte Kaffeetassen auf dem Balkon. Aufgrund einer kleinen sprachlichen Barriere konnte das nicht so schnell wie wir es gerne gehabt hätten geklärt werden. Also stellten wir unsere Koffer einfach ab und gingen zum Essen.
Das wiederum kam dann schnell mit einer Flasche Wein.
Das und der Ausblick brachten uns dann schnell wieder runter.
Und in der Zwischenzeit wurde auch unser Zimmer aufgeräumt und so konnten wir noch einen kleinen Abschluss auf unserem Balkon genießen.
Eine Nacht würden wir hier verbringen bevor wir morgen dann zu einem der Hauptgründe für unsere Reise nach Grönland aufbrechen würden. Vorher war aber noch was Schlafen angesagt.