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Ab auf das Grönländisches Inlandeis

Was kann man denn in Kangerlussuaq so machen? Das haben wir uns am Anfang auch gefragt, als unser Reiseorganisator hier eine Übernachtung vorschlug. Aber Kangerlussuaq ist nunmal der Ort in Grönland, welcher am weitesten im Inland liegt und dadurch auch logischerweise am Grönländische Eisschild, oft auch Inlandeis genannt. Dies bedeckt mit einer Ausdehnung von etwa 1,8 Millionen km² etwa 80% der Fläche Grönlands und ist nach dem antarktischen Eisschild die zweitgrößte ständig vereiste Fläche der Welt.

Und von unserem Übernachtungsort kann man eine Halbtages-Tour zu eben jedem Inlandeis machen und kommt dabei auch noch an einem Gletscher vorbei.

Also standen wir mit ein paar anderen Touristen pünktlich vor dem Flughafen und warteten. Und warteten. Und warteten.

Irgendwie war kein Bus zu sehen, bis auf die 2 Offroad-fähigen Dinger an der Lodge gleich nebenan (die dunkel-roten Gebäude im Hintergrund). Irgendwann ist einer von den Wartenden da hingegangen und siehe da: Die waren für uns.

Was eher schlecht war, denn die Busse waren total voll. Wir hatten noch Glück, dass wir in der letzten Reihe einen Platz ergatterten und so wenigstens nebeneinander sitzen konnten. Der Bus bestand zum großen Teil aus einer irischen Reisegruppe, die sich auch sehr lautstark über den Gang unterhielten. Aber zum Glück noch recht angenehm und somit auszuhalten.

Die Tour begann, indem unser Guide meinte: Willkommen in Grönland und jetzt relaxt etwas, hier ist alles etwas anders.

Eine Aussage, die nach etwa 10 Minuten bestätigt wurde, als wir den einzigen Golfplatz Grönlands zu Gesicht bekamen. Also … „Golfplatz“, denn die amerikanischen Soldaten haben ihn damals eingerichtet, indem sie unter die Abschläge und etwa 30 Zentimeter um die Löcher herum Kunstgras verlegten. Der Rest ist mehr oder weniger ein einziger Bunker.

Zur Überraschung unseres Guides haben wir sogar 2 Golfer gesehen!

Die Fahrt zum Russell Glacier und dem Inlandeis dauerte je nach Beschaffenheit der Straße etwa 2 Stunden. Um die Fahrt nicht zu langweilig zu machen, hielten wir hier und da an, wenn es etwas spannendes zu sehen gab. Wie zum Beispiel diese geologische Wüste (Regenmenge pro Jahr unter 10ml/m²)

Oder wenn ein Tier in Sicht war, wie dieser Moschusochse.

Unser Bus sah zwar etwas alt aus, kam aber gut zurande und schaffte die anspruchsvolle Strecke ohne Probleme.

Und was für eine schöne Strecke dies war.

Angelegt wurde die Straße übrigens von Volkswagen. Tatsächlich war das hier in den 00er Jahren eine Offroad-Teststrecke für SUV-Fahrzeuge. Diese Erlkönige wurden von Volkswagen per Flugzeug hier her geschafft, auf der Straße und einer weiteren Teststrecke auf dem Inlandeis getestet und anschließend dann wieder zurück nach Deutschland geflogen. Eigentlich irre, wenn man genau darüber nachdenkt. Das Projekt wurde 2006 wieder aufgegeben.

Neben der Teststrecke gab es aber auch was anderes zu sehen. Und damit meinen wir nicht den einen Iren, der auf dem Foto oben auf dem Berg steht, sehr zur Überraschung unseres Guides.

Auch nicht die beiden sehr adretten Deutschen, die schon erste Anzeichen der grönländischen Sonne im Gesicht haben.

Nein, es geht um diese Ecke hier, die Zeichen von den vor 4.500 Jahren lebenden Inuit aufweist, welche hierhin zum Jagen gekommen waren.

Dabei wurde alles zum Ende des Winters hier hin geschleppt und dann im Sommer der Fleischkühlschrank aufgefüllt. Damit das erlegte Fleisch auch bis zur Abreise genießbar blieb, wurden solche „Permafrost-Kühllöcher“ verwendet, und alles dann, sobald der Schnee wieder kam, zurück in die Siedlung gebracht.

Also ein geschichtlich spannender Ort, der gleichsam schön anzusehen war.

Zu dem Aschenbecher gibt es auch eine Geschichte, denn das sind ehemalige „Jet-Booster“, also kleine, etwa 15 Sekunden lang zündende Booster, damit auch größere Militärmaschinen hier starten konnten. Diese Booster wurden dann nach Gebrauch abgeworfen und werden jetzt wiederverwendet.

Weiter ging es in Richtung des Russell Glacier, wobei die Strecke immer holpriger wurde.

Und dann kam der erste Gletscher in Sicht: Der besagte Russell Glacier.

Dieser Gletscher fließt vom Inlandeis in westlicher Richtung und ist ein recht aktiver und schneller Gletscher mit einer Geschwindigkeit von etwa 25 Meter pro Jahr.

An diesem Gletscher wurde übrigens entdeckt, dass die Gletscher generell eine große Menge Methan binden, was das Abschmilzen der Gletscher noch schlimmer für den Klimawandelt macht.

Angehalten haben wir nicht, aber auch aus der Entfernung sah der Gletscher sehr beeindruckend aus.

Etwa 30 Minuten später kamen wir dann an das Ende der Straße, der Bus wurde gedreht und wir mussten noch etwa einen Kilometer über recht unwegsames Gelände gehen.

Tja, und dann standen wir auf dem Inlandeis.

Und das war atemberaubend!

Das Inlandeis breitet sich in Nord-Süd-Richtung auf etwa 2.500 Kilometern aus. Im Schnitt ist das Eis etwa 1,5 Kilometer dick, an einigen Stellen sogar bis zu 3 Kilometern

Das Volumen wurde mal auf 2,5 Millionen KubikKILOmetern geschätzt. Würde das verbleibende Eis komplett abschmezen, würde der Meeresspiegel um 7 Meter steigen.

Durch die Last der Eismassen sinkt die darunter liegende Erdkruste in den Erdmantel ein, daher liegt Grönland ungefähr auf Höhe des Meeresspiegels, hier und da sogar darunter.

Das Eis ist sehr fest und nicht rutschig, was aber auch daran liegt, dass die obere Schicht noch vom Schnee des letzten Winters ist.

Vor 10 Jahren konnte man übrigens vom Parkplatz, wo unser Bus geparkt hat, direkt auf das Inlandeis gehen. Heute ist es ein Fußmarsch von, wie gesagt, etwa einem Kilometer.

Soviel zum Thema „Klimawandel gibt es nicht“, denn so einen schnellen Rückgang gab es hier noch nie.

Diese Aussage werden wir im Verlaufe des Urlaubs noch häufiger hören, denn in Grönland ist der Klimawandel schon lange im Gang und hatte bereits einschneidende Folgen für die Menschen, die Kultur und die Tierwelt. Dazu aber an gegebener Stelle mehr.

Trotz der natürlich oft im Hinterkopf aufkommenden Probleme ist dies ein unglaublich beeindruckender Ort auf dieser Welt.

Wenn man Glück hat (und weiter von den Iren weg war), konnte man in relativer Stille einfach die Landschaft genießen.

Auch wenn das hier sehr fest aussieht und sich auch so anfühlte: Unter dem Eis gibt es ein weit verzweigtes Höhlensystem. So hat man mal eine Gummiente mit einem GPS-Sender versehen in ein größeres Loch im Eis geworfen und war sehr überrascht, als die Ente nach ein paar Wochen aus der Nähe von Ilulissat sendete. Sie war dem Weg des Wassers 400 Kilometer nach Nord-Westen gefolgt.

Unter dem Schnee und dem Schmutz konnte man aber das Eis erkennen. Die aktuell obere Schicht wird auf ein Alter von etwa 10.000 Jahren geschätzt.

Oder wie unser Guide meinte: Ihr atmet gerade wirklich alte Luft …

Jeder konnte sich dann frei bewegen und sich in seinem eigenen Tempo zurück zum Bus bewegen. Sehr entschleunigend.

Und weil es doch frisch war (wie überraschend auf etwas, was „Inlandeis“ genannt wird), gab es dann Kakao und Kaffee.

Die Vorfahrtsregeln sind hier übrigens etwas anders …

Aber echt ein Erlebnis! Und ein Mahnmal, was gerade im Begriff ist unwiederruflich kaputt zu gehen.

Auf der Rückfahrt, die etwas weniger Stops hatte weil jeder mit seinen Gedanken beschäftigt war oder weil einfach die innere Uhr schon auf 22 Uhr stand, dann noch ein paar Sichtungen. Zuerst nochmal Muskox, Moschusochsen.

Aus der Entfernung schöne Tiere, man möchte ihnen aber nicht vom Nahen begegnen und erst Recht nicht, wenn sie sauer sind!

Dann etwas ganz besonders: Ein arktischer Fuchs, der unseren Bus wohl nicht hat kommen sehen und langsam versuchte sich weg zu schleichen.

Und dann nochmal der Gletscher, dann wieder die Wüste und noch das Wrack einer alten, amerikanischen Flugzeuges, was hier abgestürzt ist.

Und schon waren wir wieder in Kangerlusuaaq.

Eine echt coole Tour, die abwechslungsreicher als gedacht war. Und ein interessanter Einstieg in das Thema „Grönland“ für uns.

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