Nachdem wir gestern nur noch ein letztes Getränk in der Hotelbar eingenommen haben, konnten wir den heutigen Sonntag auch was früher beginnen. Im Novotel bedeutet dies, dass wir das unserer Meinung nach recht gute Hotelfrühstück genießen konnten.
Als Bonus gibt es hier sogar Haggis!
So gestärkt ging es zum ersten Programmpunkt für den wir uns erst Tags zuvor Tickets geholt haben. Die Veranstaltung fand passenderweise mehr oder weniger zwischen unserem Hotel und dem Flughafen statt, sodass wir einfach nur kurz nach Ingliston fahren mussten, von wo aus gratis Shuttle-Busse zu unserem Ziel, der Royal Highland Show, bereit standen.
Die Royal Highland Show ist die jährliche Veranstaltung der Royal Highland and Agricultural Society of Scotland (RHASS), einem gemeinnützigen Verein, der die Förderung von Bildung, Gemeinschaft, des schottischen Erbes, der Umwelt und des Tierwohls als Aufgabe hat. Gegründet wurde der Verein 1784 und er hat seitdem auf vielen Gebieten agiert.
So wurde 1828 nach mehreren Jahrzehnten Forschung gesponsert durch die RHASS das erste gälische Wörterbuch herausgegeben, weil man der Ansicht war, dass die Sprache unbedingter Teil der schottischen Kultur ist.
Ab Anfang des 19. Jahrhunderts wurde auch die Landwirtschaft gefördert. Erst einmal geschah dies durch den Austausch von moderneren Mitteln und Methoden sowie durch die Einführung von Wettbewerben und Preisgelder die Farmer dazu zu bringen sich verbessern zu wollen,
Und seit 1822 gibt es die Highland Show, welche 1960 dann zur „Royal Highland Show“ (RHS) wurde, quasi als die Hauptveranstaltung des Vereins. Hier stellt man aus, was neu in der Branche ist, hier zeigt man seine Tiere und seine Güter und hier tauscht man sich aus. Und zur 199. Ausgabe dieser Veranstaltung wollten wir heute gehen.
Anfangs fand diese Veranstaltung immer an unterschiedlichen Orten statt. Im Jahr 1958 erwarb die RHASS ein ehemaligen Golfplatz hier in Ingliston und baute diesen so um, dass man die RHS hier stattfinden kann. Was angesichts der Menschenmengen eine gewissen Aufwand bedeutet, denn 2018 kamen an den 4 Tagen knapp 190.000 Besucher. Irgendwo hatten wir gelesen, dass in den Jahren zuvor knapp 1.000 Kühe, 1.500 Schafe, 2.000 Pferde und 100 Ziegen an den Wettbewerben teilgenommen haben. Und ihre Besitzer muss man ja auch noch dazu zählen – es ist also voll!
Und wir waren auch noch sehr früh da, weswegen es sehr sinnvoll war, durch die „Scottish Larder“ Halle zu gehen. „Larder“ bedeutet sowas wie „Speisekammer“ und genau so war es hier. Jegliche Art von Lebensmittel wurde hier ausgestellt, von Brot über Wurst und Käse sowie Fisch, Gemüse und Getränken.
Und wenn man hier „Getränke“ sagt, dann ist das auch oft „Whisky“. War aber noch was zu früh für ein Sample … also kurz.
Der Cider-Stand war zum Glück noch nicht auf.
Völlig überrascht waren wir dann von der „Great German Salami Company“.
2 Minuten neben diesem Stand haben gerade Jens Fremdschämen in erstaunliche Höhe getrieben, also raus zu den Tieren. Hier werden gerade Pferde für einen Wettbewerb vorbereitet.
Es gibt dabei sowohl Wettbewerbe für die Tiere als auch Wettbewerbe für die „Handler“, also diejenigen, die die Tiere betreuen. Bei letzterem wird bewertet, wie sie sich um die Tiere kümmern, wie sie sie im Griff haben und wie gut sie sich über die Rasse auskennen.
Dazu aber später mehr – jetzt erst einmal durch die Pferdeställe. Man kommt hier quasi überall hin und kann schauen, wie die Tiere gehalten werden. Oder welche Tiere gerade Nachwuchs bekommen haben.
Die Wettbewerbe finden parallel statt, was auf dem großen Gelände eine ganz schöne Planung bedeutet. Auf einmal wurden ein paar Wege abgesperrt, weil eben die Bullen zu ihrem Wettbewerb gehen müssen und da will man nicht in die Quere kommen.
Zu den Pferden kamen wir dann ganz gut hin.
Die RHS ist auch eine Messe, was die vielen Stände an Anbietern für agrikulturelle Produkte erklärte. Einige waren interessant, aber andere boten wiederum Produkte an, die uns so gar nicht interessieren.
Am Gewinnspiel haben wir nicht teilgenommen.
Oben erwähnte Kühe standen dann auf einem anderen Feld und ertrugen gerade die Siegerehrung.
Witziger waren die Jung-Pfleger mit ihren doch eher unwilligen Schafen. Die Interviews mit ein paar Fachfragen waren auch nicht jedermanns bzw. jederfraus Ding.
Königlicher waren da doch eher die Springreiter.
Alles in allem ein Riesen-Gewusel und eine interessante Atmosphäre. Auch waren sehr viele junge Menschen da, was uns angesichts des Themas doch eher überrascht hat.
Einen weiteren großen Teil nahmen die Handwerker ein, die ihre Produkte feilboten. Das ging von kompletten Fertighäusern bis zum Upcycling von Whiskyfässern. Leider liefern die nicht nach Deutschland, wir haben gefragt.
Und auch so eine Art „Kirmis“ gab es auch noch, wobei das sehr klein war und nur aus einer Handvoll Buden und diesem Riesenrad bestand.
Für Spontankäufe hätten sich auch Möglichkeit geboten, wir konnten aber widerstehen.
Dann die Abteilung „Holz & Säge“.
Witzig waren die paar Leute, die sich im Axtwerfen übten. Einer war ein Naturtalent und hat mit jedem Wurf die Mitte getroffen, während seine Freunde eher ihre Äxte in der Umgebung platzierten.
Irgendwann hatten wir Hunger und auch Lust auf eine kleine Pause. Und wir müssen leider gestehen, dass wir dann hier nicht mehr vorbeigehen konnten.
Fühlte sich sehr, sehr merkwürdig an. Das Zelt half aber gegen den einsetzenden Nieselregen, auch wenn der wirklich kurz und sehr gering war.
Nach 2 Bieren ging es dann weiter, wobei sich das Gelände langsam füllte und in den Gängen immer weniger Platz war.
Irgendwie hatten wir Lust auf was zu Essen, also haben wir uns nochmal in die Halle mit dem Essen gedrängelt. Aber außer einem kleinen Whisky für zu Hause und einem paar Pröbchen war es einfach zu voll. Wobei man sich hier auch durchaus über die kleinen Proben der verschiedenen Stände sattessen kann.
Also wieder raus und Brot in flüssiger Form zu uns nehmen, was angesichts der guten Musik und dem schützenden Zeit auch angenehm war.
Dann war aber genug, denn für heute Abend hatten wir noch ein Abendessen geplant. Also zurück zu den bereitstehenden Bussen und zurück zum Hotel. Haben wir schon erwähnt, dass die Busse hier sehr gut sind?
Und auch die Tram kam gleich an und brachte uns zurück zum Hotel.
Die Royal Highland Show ist echt ein Erlebnis. Sicher kann man an der Tierhaltung Dinge verbessern und als Vegetarier wird man hier jetzt auch nicht eine große Anhängerschaft finden. Aber an vielen Stellen haben wir gesehen und gemerkt, dass versucht wird, etwas zu verändern. Auch das Thema „Klima“ und was die Landwirtschaft da verbessern kann war oft zu hören. Bei einem Land, was neben dem Tourismus vor allem durch die Landwirtschaft geprägt wird, ist das aber immer alles von mehreren Seiten zu betrachten.
Letztendlich wird hier die (ländliche) schottische Kultur hoch gehalten und gefeiert und das ist allemal spannend.