Der zweite Tag auf Cape Breton bedeutete für uns eine Standort-Verlegung von der Ost-Küste, genauer gesagt Ingonish, zur West-Küste. Dort hatten wir im kleinen Ort Glenville einen besonderen Aufenthalt geplant, dazu aber später mehr.
Da wir ja gestern weniger Glück mit der Wal-Beobachtung hatten, haben wir den Nachmittag und Abend in der Hotelbar auch dazu genutzt uns nach Möglichkeiten umzuschauen. Die reine Fahrzeit zu unserem Ziel lag bei knapp unter 3 Stunden und so hatten wir genug Zeit dafür. Und tatsächlich fanden wir einen Anbieter, der eine Tour anbot die auch noch zu einer günstigen Zeit stattfand.
Also machten wir uns nach dem Buffet-Frühstück und dem Auschecken auf den Weg entlang des Highways 30 rund um Cape Breton und durch den Nationalpark.
Das Wetter war heute etwas besser, aber kaum waren wir von der Ostküste der Halbinsel weg, wurde es wieder etwas dunkler. Man merkt hier übrigens an allen Ecken und Enden die keltische Vergangenheit der Einwanderer hier, denn die Orte entstammen alle entweder aus der französischen oder britischen Heimat. Und so verwunderte es auch nicht, dass wir in Dingwell vom recht solide ausgebauten Highway auf eine kleine Nebenstraße in Richtung des Dorfes Bay Saint Lawrence abbiegen mussten.
In dem kleinen Hafen des Orts lagen ein paar Boote und eine kleine Einfahrt hinauf fanden wir dann das Büro von Oshan Whale Watch.
Nach einer kleinen Information über die Sicherheit und den Ablauf ging es dann runter auf das gleichnamige Boot, was bereits vorbereitet wurde.
Wir waren schon kurz vor der Abfahrt da und hatten ein schlechtes Gewissen die ganze Sache aufzuhalten. Allerdings kamen so etwa 30 Minuten nach der geplanten Abfahrt noch 3 SUVs mit einer großen Gruppe New Yorker, die vermutlich auf so einer Art „Buddy Tour“ waren. Und den in Kanada etwas freier gehandhabten Drogen-Konsum auszunutzen, zumindest waren sie so aufgedreht und nervten ab und an schon krass.
Aber gut, mit Kapitän Fraser ging es dann aus dem kleinen Hafen hinaus in die Bucht. Und nach etwa 20 Minuten stellte er den Motor ab und …
An Bord war eine Meeresbiologin, die entsprechend das Boot dirigierte, sodass wir quasi in den Weg einer Gruppe von Walen standen und die Wale sich entscheiden können, ob sie am Boot vorbei, einen Bogen machen oder drunter wegtauchen wollen. Die beiden Grindwale (auch Pilotwal genannt) fanden das Boot nicht beachtenswert und schwammen direkt an uns vorbei. Und das Gekreische vor allem der Amis interessierte sie auch nicht.
Wir haben ja schon die ein oder andere Walbeobachtungs-Tour gemacht und so schnell hatten wir noch nie 2 Wale gefunden und fanden das schon eine beeindruckende Ausbeute … oh, was ist das da?
Lange Rede, kurzer Sinn: Mehr oder weniger standen wir auf einmal in der ganzen Gruppe von Grindwalen, die sich normalerweise in der Bay befindet. Und sie schwammen links vom Boot, rechts vom Boot und kamen von vorne und von hinten.
Wir haben niemals gedacht, dass man so nah und so intensiv eine solche Gruppe sehen kann. Zwischenzeitlich wusste man gar nicht wohin man blicken, fotografieren oder filmen soll.
Als 2 kleinere Tiere auftauchten war die Wahl aber einfacher …
Der Kapitän und die Biologin achteten dabei, dass genug Abstand gehalten wurde bzw. der Motor natürlich immer aus war. Außerdem wurden spannende Details zu den Tieren erzählt, die wir auch noch nicht wussten. Zum Beispiel sind Grindwale im Ernstfall bis zu 40 km/h schnell im Wasser. Außerdem brauchen sie pro Tag etwa 50 Kilo an Essen.
Ein Vorteil, ihr Sozialverhalten, ist gleichzeitig auch einer ihrer Nachteile, denn ein verletztes oder auch krankes Tier verliert oftmals die Orientierung und schwimmt dann auch mal direkt ins flache Gewässer oder gleich zu einem Strand. Dort können sich die Tiere dann aber komplett nicht mehr orientieren und so entstehen die bekannten Massenstrandungen.
In Neuseeland gibt es regelmäßig diese Massenstrandungen von denen die schlimmste 1918 über 1000 Tiere das Leben kostete.
Unsere Gruppe schwamm aber fröhlich durch die Gegend und fraß sich Kilo für Kilo durch den Tag.
Für uns war die erlaubte Beobachtungszeit dann aber auch abgelaufen beziehungsweise entschied die Biologin, dass die Tiere jetzt wieder Ruhe vom Boot brauchen. Daher ging es dann noch etwas weiter die Küste entlang, wo uns die Flora und Fauna der Gegend erzählt wurde.
Alles wurde dann ein wenig ruhiger, auch weil alle das gerade erlebte verarbeiten mussten. So eine große Anzahl von Meeressäugern hatten wir weder erwartet noch erhofft.
Das Wetter hielt sich glücklicherweise auch, wobei natürlich Sonnenschein besser gewesen wäre. Da das Boot aber über kein Dach verfügte, außer am Steuerplatz, war das auch aus Sonnenstich-technischen Gründen gut so.
An der Küste konnten wir dann auch noch ein weiteres Highlight beobachten: Weißkopf-Seeadler!
Da gingen natürlich die Amerikaner steil, denn die zweitgrößten Greifvögel des Kontinents, nach dem kalifornischen Kondor, ist ja bekanntlich das Wappentier der USA.
Die beiden Vögel waren irgendwie mit sich selber beschäftigt, aber gegen den tristen Hintergrund auch schwer zu fotografieren. Aber beeindrucken anzuschauen.
Zurück ging es dann an der Küste und den schroffen Felsen entlang. Ein Paradies für Geologen.
Glücklicherweise war die See auch ruhig, sodass dies auch kein Problem war. Bei manchen Gästen waren aber auch schon kleinste Wellen ein Grund für Kreischen und panisches Festhalten. Aber ok, jeder ist halt anders und unserer Stimmung tat das kein Abbruch.
Nach knapp über 3 Stunden waren wir wieder zurück im Hafen und nachhaltig beeindruckt von dieser Tour. Echt zu empfehlen, wenn auch das Boot natürlich außer einer Holzbank keinen Luxus geboten hat. Braucht es aber auch nicht, denn der Luxus hier ist die Natur durch die man fährt. Und was für Luxus man hier geboten bekommt!