Warnung vorab: Dieser Blog deckt den ganzen Tag ab und heute haben wir sehr, sehr viel erlebt. Dementsprechend sind hier viele Fotos und unterschiedliche Themen zu sehen.
Heute wollen wir die Süd-Östliche Ecke im nördlichen Teil von Nova Scotia entdecken. Eine Ecke, die oft ausgelassen wird, obwohl es dort auch das ein oder andere interessante Fleckchen gibt.
Für uns bedeutete dies: Kurzes Frühstück bei Timmy (wobei Tim Hortons ja inzwischen zu Burger King gehört) der zufällig in der Nähe unseres Hotels lag …
… und dann ab auf die Straße zurück in die Innenstadt von Sydney.
Im Nachhinein gut, dass wir gestern Abend ein Taxi genommen haben – das war schon ein wenig hügelig.
Grundsätzlich wollten wir uns auf dem Weg auf dem Highway 28 an der Küste entlang irgendwo ein nettes Plätzchen suchen und dort unser Frühstück zu uns nehmen. Nachdem wir aber am Hafen ankamen, sahen wir ein bekanntes Schiff dort vor Anker liegen.
Genau: Die Norwegian Joy lag vor Anker! Das Schiff hatten wir witzigerweise gestern noch in Charlottetown vor Anker gesehen und 2016 im Bau befindlich. Genau: Bei einem Besuch der Mayer Werft haben wir das Mittelteil dieses Schiffes gesehen, 2017 wurde es dann an Norwegian Cruises übergeben und jetzt sah man sich also in Sydney, Nova Scotia, wieder.
Das mussten wir gleich mal anschauen und daher haben wir unser Frühstück auch an den Pier verlegt, wo gerade die Gäste des Schiffes an Land gingen und anfingen wie ein Heuschreckenschwarm die Gegend zu bevölkern.
Das Schiff sah schon schön aus, nur die ganzen Touristen, die den Ort mit knappen 30.000 Einwohnern in Beschlag nahmen, waren ziemlich schnell nervig.
Man kann ja verstehen, dass so ein Kreuzfahrtschiff auch einen signifikanten Einfluss auf den Tourismus eines Ortes wie Sydney haben kann, allerdings sowohl guten als auch schlechten. Die ganze Infrastruktur ist auf die Ankunft der Schiffe, im Jahr sind dies so etwa 50-60, ausgelegt und außerhalb dieser Zeiten verirrt sich fast niemand in den Ort. Sehr einseitig geplant, was aber auch von den Reedereien vorgegeben und unterstützt wird.
Als Anlegehafen bei solcher Routen muss man bestimmte Voraussetzungen erfüllen und das sind nicht wenige. Da bleibt nicht viel für nachhaltigen Tourismus.
Speziell für uns waren dann auch wieder einmal bestimmte Nationalitäten dabei, die uns in unserer Meinung „bitte nicht auf so ein Kreuzfahrtschiff“ bestärkten: Vom im Stechschritt marschierenden und alles bestimmenden deutschen Paar über die asiatische (vermutlich chinesische) Reisegruppe, die ohne Rücksicht und in der Gegend herumrotzend allen anderen auf den Keks gingen bis zu den obligatorischen Amerikanern, die den Tourist-Shop leer kauften und sich dann mittels eines Golf-Buggys zum wartenden Bus kutschieren ließen. Alle wieder da!
Für uns waren das dann heute genug Menschen erst einmal, also setzen wir uns in unseren Mietwagen und fuhren die Küste entlang. Sehr schön, weil sehr ruhig für Auge und Ohren.
Nach ein paar Minuten außerhalb von Sydney trafen wir auf einen kleinen Parkplatz und die Überreste eines Forts. Fort Petrie um genau zu sein.
Das Fort wurde 1939 in Befürchtung einer deutschen Besatzung Englands erbaut, weil man dann Angriffe auf den Hafen von Sydney erwartete und darauf vorbereitet sein wollte. In der Hochzeit lebten hier knapp 3.000 Soldaten, die die insgesamt 77 Konvois sicherten, die sich von Nova Scotia hier vorbei auf den Weg nach Europa machten.
Heute ist hier nicht mehr viel zu sehen, dafür eine schöne Küste mit einer steifen Briese.
Und noch einem letzten Bunker, recht verfallen und vermutlich ein beliebter Treffpunkt der Dorfjugend. Zumindest deuteten die Bierflaschen darauf hin.
Also weiter ging es zum ersten geplanten Programmpunkt des Tages: Dem Marconi Historic Site
Hier kam im Oktober 1902 ein gewisser Signore Guglielmo Marconi auf dem italienischen Schiff „Carlo Alberto“ an und baute in den folgenden Monaten eine Menge von Kupfer-Türmen an dieser Stelle auf. Teilweise hatten diese Türme bis zu 200 Fuß Höhe und sie waren die ersten, regelmäßig genutzten Telegrafen-Verbindungen zwischen Nordamerika und Europa.
Ab 1908 wurden von hier auch Telegrafen-Verbindungen zu den Schiffen der Cunard Steamship Company geführt, was neben den technologischen Fortschritt auch eine wirtschaftlichen Erfolg für Marconi bedeutete.
Heute sind leider bis auf ein Tourismus-Center nur noch ein paar Fundamente zu sehen.
Und das Tourism-Center hatte auch noch unerwarteterweise geschlossen. Obwohl alle verfügbaren Quellen im Internet etwas anderes sagten.
Es war auf jeden Fall hier wo der Notruf der Titanic am 14. April 1912 eintraf und es waren die darauf hin instruierten Schiffe, die dazu führten, dass andere Schiffe die Unglückstelle noch rechtzeitig erreichten, um über 700 der insgesamt 2224 Passagieren zu retten.
Fun fact: Die Marconi Company hatte ein eigenes Notsignal „CQD“ definiert, dar seit 1908 vereinbarte Standard „SOS“ hatte sich noch nicht weithin durchgesetzt. Deswegen sagte der Co-Operator der Funkverbindung auf der Titanic zu seinem Chef kurz bevor das Schiff evakuiert wurde: „Send SOS, it´s the new call and it may be the last chance to send it!“
Da aber sonst nicht viel zu sehen war ging es weiter zu einem anderen etwas spezielleren Museum: Dem Cape Breton Miners Museum.
Cape Breton hat in der Tat eine lange Bergbau-Geschichte, die von den frühen 1700er Jahren bis in das 20. Jahrhundert reicht. Das Museum wurde 1967 eröffnet, verlor aber 1980 durch ein Feuer knappe 80% seiner Ausstellungsstücke. Um so beeindruckender war die Menge von Ausstellungsstücken, die man in der kostenlosen Ausstellung besichtigen konnte.
Es wäre auch möglich gewesen in eine kleinen Schacht einzufahren, das hätte allerdings sowohl Zeit als auch Geld gekostet. Zeit war allerdings heute unsere knappe Ressource, also besuchten wir nur die Ausstellung. Und da gab es auch schon genug zu sehen, von der ehemaligen Ausdehnung der Schachtanlagen (weiß sind die heute vorhandenen Straßen) …
… über alte Dokumente wie das Zahlbuch von 1910 …
… bis hin zu dieser Kranken-Lore mit der verletzte Arbeiter auf höchst unbequeme Art und Weise versucht wurden zu retten.
Es war sicherlich ein harter Knochenjob, was durch die sehr anschaulichen Darstellungen noch intensiver zu spüren war.
Wo viel gearbeitet wird, gab es aber auch andere Dinge, die folgten …
Anzahl der heutigen Brauereien im kleinen Ort Inverness: 0
Sehr schönes Museum, was auch die Geschichte der Region etwas widerspiegelt und darstellt. Das gilt auch für die vielen Grubenunglücke, die mit so einer Miene leider einher gehen.
Draußen gab es noch einen Park zur Erinnerung an das letzte große Grubenunglück am 24. Februar 1979 als eine Explosion 12 Arbeitern das Leben kostete. Auf den Stelen im Hintergrund wurden ihre Brotdosen mit ihren Namen verewigt.
Ein sehr spezielles aber wunderbar gepflegtes Museum!
Letzter (und größter) Programmpunkt des Tages: Eine Fahrt im Auftrag des Herrn.
Nein, Spaß – das wäre eher was für Jake und Elwood Blues und nicht für uns.
Für uns ging es zu dem touristischen Highlight der Region: Der Festung Louisbough.
Die Festung selber liegt auf einer Halbinsel im Süden von Cape Breton und kann vom Visitor Center mit einem Shuttlebus (im Preis inbegriffen bzw. inklusive für die mit einem Parcs Canada-Pass) erreicht werden.
Die Wartezeit kann man sich mit einer einführenden Ausstellung über die Geschichte der Festung verkürzen. Oder man stresst wie eine amerikanische Familie gleich zum Bus. Der dann, Kanadier sind halt freundlich, auf die 2 deutschen Touristen wartet, die sich die Ausstellung noch anschauen wollten.
Ha-Ha!
Eine kurze Fahrt und wir konnte durch einen inzwischen schon recht starken Wind zum Tor der Festung gehen.
Am Eingang zur Festung, es ist eher eine Festungsstadt, stand eine Wache, die, wenn man nicht auf französisch antwortete, meinte „Na gut, heute dürft ihr Engländer auch hier rein, aber sagt es keinem!“.
Unseren Hinweis, dass wir als Deutsche ja wohl vieles sind aber keine Engländer und wir außerdem wenn überhaupt eher Schotten wären, wurde überhöhrt.
Die Festungsstadt Louisbourg wurde nach dem Frieden von Utrecht begonnen zu bauen und 1719 fertiggestellt. Anfangs war hier nur eine zur See hin befestigte Anlage, die vorwiegend als eisfreier Hafen für die französische Fischerboote dienten. Von der Landseite war Louisbourg so ziemlich gar nicht befestigt, was auch 1745 dazu geführt hatte, dass nach einer recht kurzen Belagerung die Engländer das Kommando übernahmen, da sie selber nicht in der Lage waren, ihre Truppen zu versorgen und schlicht das ganze Essen brauchten.
3 Jahre später wurde die Festung wieder an die Franzosen übergeben um gleich darauf im August 1756 wieder angegriffen zu werden. Irgendwie hatten die damals echt Langeweile …
Der erste Versuch scheiterte aber weil ein Großteil der englischen Flotte in einem Hurricane teils schwer beschädigt wurde. 1758 gab es dann einen weiteren Versuch, diesmal mit 39 Schiffen und über 14.000 Mann Besatzung sowie über 12.000 Soldaten zu Land. Die knapp 4.000 Soldaten im Fort hielten lange Stand aber irgendwann mussten sie kapitulieren, was dann am 26. Juli 1758 auch geschah. Dieser Sieg gilt als Wendepunkt im englisch-französischen Krieg, da hierdurch die wichtigste Nachschublinie für die Franzosen abgeschnitten wurde und somit der kompletten Besatzung der Region durch die Briten nichts mehr im Wege stand.
Die Festung wurde komplett zerstört und bis auf die Grundmauern niedergebrannt.
1961 beschloss Parcs Canada etwa 1/4-tel der ehemaligen Festungsstadt wieder aufzubauen, dazu wurden jahrelange Studien durchführt und teilweise sogar originale Bauweisen verwendet. Beziehungsweise: Mussten erst einmal gelernt werden. Heute kann man hier eine Art „Museums-Festung“ bewundern und sich ein wenig wie im 18. Jahrhundert fühlen.
Das windige Wetter hat dazu geführt, dass nicht besonders viele andere Besucher da waren, was für uns gut war. Allerdings hatten auch viele der Häuser, vor allem die, wo man alte Handwerk anschauen konnte, nicht auf oder zeigten nichts. Also spazierten wir einfach durch die Gassen und schauen uns um.
Ein Ort, der noch auf hatte, war dann eine Taverne. Na dann mal rein mit uns.
Genauer gesagt war es die „Storehouse Tavern„, welche erst in 2021 eröffnet hat und im ehemaligen Bigot Storehouse, einem der in der Festungsstadt lebenden Kaufleute gehörenden Lagerhaus, liegt.
Ziel ist es hier ausschließlich lokal produzierte Speisen zu reichen. Was in unserem Fall ein Wein und eine recht langweilige Käseplatte waren. Mehr hatte die Küche nicht zu bieten. Und mit „Küche“ meinen wie die einzige Servierkraft, die den ganzen Laden bedienen musste.
Aber es war windstill und auf der Bühne saß auch irgendwann ein keltischer Folksinger, der mit einem schönen Humor ein paar Lieder zum Besten gab.
Leider fanden die anderen Gäste dies nicht so unterhaltsam und störten den Auftritt doch stark. Also machten wir uns auf zu den auf einem Hügel befindlichen „King´s Bastion„.
Schon krass, was hier alles wieder aufgebaut wurde, nur um die Geschichte zu zeigen.
Aber für uns schön, denn hier gab es wieder (wie auf den anderen Festungen dieser Reise) wieder einen Wall auf dem man spazieren konnte.
Und den Ausblick auf die Umgebung genießen konnte.
Außerdem war es hier ab und an auch windstill, was dazu geführt hat, dass wir uns auch unterhalten konnten. 😉
Aber das war es auch schon, denn leider hatte ja, wie oben schon erwähnt, vieles geschlossen. Also machten wir uns zurück zum Shuttle-Bus und dann auch weiter zu unserem Auto.
Tja …
… und dann zurück nach Sydney auf einem langweiligen Highway. Aber den Tag fanden wie sehr abwechslungsreich und schön. Wir wollen aber nicht wissen, wie es hier in der Hauptsaison so aussieht, die Parkplätze deuten auf einen größeren Besucherandrang hin. Aber ein Tag kann man hier schon durchaus verbringen und etwas über die Geschichte dieser Gegend Nova Scotias lernen.