Was braucht man vor einer Tour, bei der alkoholische Genussmittel im Mittelpunkt stehen? Genau: Fett und Kohlenhydrate. Beides in Form eines Fisch-Sandwiches und eines Lachs-Paninis auf der Terrasse unseres Rum Runners Inn eingenommen – so kann der Tag beginnen.
Die Tour begann um 12 Uhr, wir hatten also genügend Zeit auszuschlafen und uns vorzubereiten. Treffpunkt war passenderweise die Ironworks Distillery in Lunenburg. Gleich die Straße von unserem Inn runter.
Auf dem Weg mussten wir also nur noch gefährlich verlockenden Gelegenheiten wie einem BBQ-Restaurant (mit einer eigentümlichen, nicht ganz fertig erscheinenden Dachterrasse) ausweichen und …
… schon waren wir da. Nur unser Guide nicht.
Egal: Erst einmal rein mit uns, denn die Sonne war schon sehr aktiv und die Luftfeuchtigkeit wieder gnadenlos. In der Distillery wurden wir auch gleich willkommen geheißen und als wir meinten, dass wir auf unseren Guide warten würden, wurde direkt gefragt „Wollt ihr während ihr wartet was trinken?“ Nett gemeint, aber wir haben erst einmal abgelehnt.
Als dann mit 5 Minuten Verspätung unser Guide Russel ankam und uns begrüßt hatte, ging es dann aber direkt zur Sache.
Die Destille ist einer der älteres Craft- oder auch Mikro-Destillen Kanadas und im Grunde genommen auf die Schnappsidee (hihi) zweier Freunde zurückzuführen, die ihr Geld in der Filmindustrie gemacht haben und irgendwo von der Idee einer „Micro Distillery“ gehört haben. 2008 kauften sie dann eine alte Schmiede in Lunenburg und bauten sie tatsächlich vorwiegend in Eigenarbeit zu einer Brennerei um. Erste Anschaffung: Brigitte.
Diese Destillieranlage aus dem Schwarzwald wurde als erste angeschafft und ist ein Unikat in Kanada. Sie ist und wird auf absehbare Zeit auch die einzige mit Holz befeuerte Anlage ihrer Art. Nachdem sie nämlich aufgebaut wurde, wurden die Gesetze in Kanada so geändert, dass nur noch elektrische Anlagen zum Brennen von Spirituosen betrieben werden dürfen.
Goodie unser Guide führte uns dann durch die Geschichte der Schmiede, der Brennerei und dem gesamten Prozess. Hergestellt werden hier Gin, Wodka, Whisky und diverse Liköre. Die Zutaten, darauf legen sie hier wert, kommen bis auf ganz wenige aus der Region. Größte Ausnahme ist das geröstete Malz, welches aus England importiert werden muss, weil es keine Mälzerei in Kanada gibt, die das kann.
Reifen lassen sie ihre Produkte in Burbon Fässern oder in neueren Fässen aus ungarischer Eiche. Jede Ecke des Hauses wurde mit Fässern vollgestellt – war alles so eng, wie es aussieht.
Ein paar besondere Abfüllungen haben sie hier auch. Zum Beispiel eine, deren Fässer mit einem Schulschiff zur Ausbildung junger Matrosen einmal um die Welt reisen. Da bei dem letzten Versuch allerdings ein paar Fässer … Verluste erlitten haben, wurde für die nächste Weltumrundung vorgesorgt.
Da die Produkte reißenden Absatz fanden, wurde bald in einen Anbau und eine weitere, größere Anlage investiert „Ruby“.
Jetzt natürlich elektrisch. 12 weitere Fässer kann man übrigens auf dem Bild im Hintergrund sehen, denn sie schwimmen 18 Monate auf einem Boot im Hafen von Lunenburg und reifen dort vor sich hin.
Eine sehr coole Tour und eine sehr schöne Geschichte. Und ein paar nette Getränke, wie zum Beispiel einen Blaubeer-Gin oder einen sehr guten, 6 jährigen Rum. Der Whisky war übrigens leider ausverkauft und wird erst wieder im April 2023 verfügbar sein …
Nächster Programmpunkt: Mittagessen. Eigentlich war ein Tisch für uns reserviert, glücklicherweise wurde diese Reservierung allerdings abgesagt, da das Restaurant mittags geschlossen hat. „Glücklicherweise“ deswegen, weil es das Restaurant von gestern Abend gewesen wäre …
Also Ersatz in der Fischbude des Ortes.
Und das keine schlechte: Essen haben wir selber bezahlt, Getränke gingen auf Russel. Und was ist denn an frittierten Jakobsmuschen nicht zu mögen?
Danach gab es dann eine kleine Autofahrt zu einem Weingut in der Nähe. Dabei unterhielten wir uns ein wenig mit Russel, dessen Frau großer Fan deutscher Weine ist. Haben ihm dann für sie ein paar Tipps gegeben.
Der Weg zum Petite Riviere Vineyard führte über eine Kabelfähre. Mit einem recht ansprechenden Auto davor …
Aber zum Aussteigen war es uns dann doch zu warm, außerdem war die Fähre ja schon da.
Ein paar Minuten (und eine kleine Umleitung, weil Russel sich verfahren hatte) später waren wir dann am Weingut. Überraschend klein, fanden wir.
Aber Humor haben sie hier, was dieses „Strandausrüstung“ zeigt.
Die Weine hier waren nicht schlecht, aber irgendwie alle sehr, sehr süß. Traubentechnisch wird hier auf Chardonnay und eine Hybrid-Traube namens Lucie Kulhmann gesetzt (zum Beispiel beim Rose).
Nachher haben wir noch einen Sparkling Rosé probiert und da der nicht ganz so süß war, fand er seinen Weg in unseren Rucksack. Müssen nur noch eine Gelegenheit finden, ihn zu trinken.
So, bis jetzt hatten wir Schnapps und Wein – was fehlt da noch?
Genau: Bier! Genauer gesagt wurde die Saltbox Brewing Company besucht. Leider war hier keine Tour möglich, also haben wir uns einfach alle Biere als Tasting Sets geholt und gemeinsam probiert.
Also bis auf das süße Ananas-Gose-Zeug, das konnte Meike alleine trinken.
Am Ende hat Jens dann noch fragen wollen, welche Hopfen im IPA waren und diese Frage hat dann dazu geführt, dass der Braumeister geholt wurde und wir am Ende doch noch etwas fachlicher und mit mehr Details mit jemandem sprechen konnten. Spannend war, dass er vorher in einer Brauerei gearbeitet hat, die sich eher auf britische Bierstile spezialisiert hatte und er jetzt versucht, hier das Brown Ale und das English Bitter zu verbessern. Letzteres hatte es unserer Meinung nach auch nötig.
Leicht angetüddelt und von der Sonne wieder etwas gebräunt ging es dann zurück nach Lunenburg.
Nette Tour auch wenn die Kommunikation mit Russel etwas dünn war und wir uns doch schon mehr Informationen zur Region, Geschichte und die angefahrenen Orte erhofft haben. Aber die Auswahl war vorzüglich und wir freuen uns schon, wenn wir in ein paar Tagen eine erneute Tour mit diesem Unternehmen machen werden. Dann aber mit dem Fokus auf Wein.