Gestern Abend noch haben wir kurz darüber gescherzt, dass es ja auch nicht sooo schlecht wäre, in dem wunderbar gemütlichen Hotel Budir noch etwas länger zu bleiben. Wobei das vermutlich unserem Geldbeutel und unserer Leber geschadet hätte, denn billig war es hier jetzt nicht gerade und die Bar war gut bestückt.
Also gingen wir (für unsere Verhältnisse recht früh) zum Frühstück, aßen ein bisschen und fragten an der Rezeption nach einem letzten Wetter-Update. Was recht ernüchternd war, denn die Dame meinte, dass mehr oder weniger so ab Mittags alle Straßen der der Snæfellsnes Halbinsel gesperrt werden würden, da ein starker Sturm im Anmarsch war. Die Hotels nehmen keine Buchungen mehr entgegen und blockieren alle Zimmer für das Personal und die Gäste, die nicht mehr wegkommen.
Als wir meinten, dass wir heute nach Reykjavik wollen, sah sie doch recht skeptisch aus und wir mussten ihr versprechen, dass wir umkehren, wenn es zu windig wird.
Auf alles vorbereitet, ging es dann ins Auto. Der Wind war hier schon recht stark und wir hatten es teilweise schon schwer, die Autotür zu schließen. Aber irgendwann war dann alles verstaut, wir hatten den Tank noch über die Hälfte voll (was bis Reykjavik reichen sollte) und es konnte los gehen.
Zuerst einmal zurück zur Hauptstraße 54 und dort nach dem Rechten geschaut. Es waren weit und breit keine Autos zu erkennen und ab hier waren es nur noch 216 Kilometer bis zum Ziel. Aufgrund des Windes fuhr Jens mehr oder weniger wieder in der Mitte der Straße, um bei einer Böe nicht im Graben zu landen.
Der Wind war schon stark. Die Rezeptionistin im Hotel hatte uns noch den Hinweis gegeben, dass der Wind in der Nähe der Berge oft am schlimmsten ist. Was uns aber hier auf diesem Damm nicht so wirklich beruhigte.
Ab und an kam uns dann auch ein Auto entgegen oder, wie hier, ein Räumfahrzeug. Überholt wurden wir am Anfang überhaupt nicht und das, obwohl wir eigentlich so mehr oder weniger 40 bis 60 km/h gefahren sind.
Die 54 biegt nach einiger Zeit gen Süden ab und führt dann durch flacheres Gelände. Und hier war dann auch der Wind nicht mehr so stark, sodass wir uns leicht entspannen konnten. Und wieder zum normalen Modus beim Autofahren in Island zurückkehren konnten: Andauernd aussteigen, Fotos machen und die Landschaft genießen.
Einen kleinen Zwischenhalt hatten wir, sofern das Wetter dabei mitspielt, in Borgarnes eingeplant, einem kleinen Ort mit knappen 2000 Einwohnern. Borgarnes liegt an der Mündung der 54 auf die Ringstraße 1 und wir dachten hier, dass das schlimmste überstanden sein sollte.
Den Ort hatten wir einerseits ausgewählt, um einfach mal einen kurzen Halt zu haben (und das Auto dabei von allerlei Müll zu befreien, der sich in den letzten Tagen so angesammelt hat). Andererseits gibt es hier, um das „Landnámssetur Íslands„, das Landnahmemuseum Islands, zu besuchen.
Das Landnahmemuseum ist ein privates Museum, was 2006 eröffnet wurde und, neben einem Shop und einem Cafe/Restaurant auch ein kleines, aber feines Museum beheimatet, das sich mit der Landnahme Islands, also der Besiedelung, beschäftigt.
Im Museum selber durfte man nicht fotografieren, aber wir fanden es sehr interessant. Ein Audioguide gibt es beim Eintritt mit dazu und man wird durch die verschiedenen Orte geführt, die während der Landnahmezeit 874 bis 930 von den Wikingern besiedelt wurden. Viele der Geschichten aus dieser Zeit wurden in den bekannten Sagas mündlich überliefert. Auch über ein paar von diesen wurde im Museum berichtet.
Eine der wichtigsten historischen Quellen auf Island (wobei das nicht unumstritten ist) ist das „Landnámabók„, was man sehr gut ins Deutsche „Landnahmebuch“ übersetzen kann. Dieses Buch listet über 400 Siedler auf, die sich auf der Insel angesiedelt hatten. Spannend ist es allemal, denn die meisten Isländer können ihren Stammbaum ja bekanntlich viele Jahrhunderte zurück verfolgen.
Wir machten uns dann aber wieder auf die Straße, denn so ganz trauten wir dem Wetter noch nicht. Der Sturm hatte zwar seinen prognostizierten Weg auf die Nordseite Islands eingeschlagen, aber wir kennen ja aus Japan 2019, dass Stürme auch Arschlöcher sein können. Also: Ab auf die 1 und auf zurück nach Reykjavik!
So ganz wollten wir es auch noch nicht wahr haben, dass unsere Rundreise jetzt langsam zu einem Ende kommen sollte. Und anfreunden konnten wir uns damit auch genau so wenig wie mit dem steigenden Verkehrsaufkommen.
Zum Abschluss aber noch einmal einen Tunnel. Am ersten Tag auf Island waren wir noch hier in der Gegend mit Sigridur umhergefahren und haben Schafffarmen und heiße Quellen besucht. Krass, wie viel wir seitdem erlebt haben. Auf jeden Fall ging es jetzt in den 5770 Meter langen Hvalfjarðargöng, der die Fahrt auf der Ringstraße seit 1998 um 50 Kilometer verkürzt.
Und ein striktes 65 km/h Geschwindigkeitslimit hat, was dank des Tempomaten unseres Kia kein Problem für uns war. Für einen Isländer hinter uns aber schon, denn er hat uns sehr gedrängelt.
Wie vermissen die Ruhe der letzten Tage jetzt schon wieder etwas.
Ein bisschen später waren wir dann auch schon wieder im MIttagsverkehr der Hauptstadt Islands. Die Kreisverkehre können inzwischen blind gefahren werden (naja, nicht ganz) und auch die Verkehrszeichen bzw. die Straßenführung war kein Problem mehr für uns.
Ach so: Unser heutiges Ziel war ja gar nicht Reykjavik, sondern ein kleiner Ort zwischen Flughafen und Hauptstadt. Wo es so ein kleines, blaues Freibad gibt.
Heute morgen hatten wir noch so geplant, dass wir ausreichend Zeitpuffer hatten. Diesen brauchten wir für die verbleibenden 30 Kilometer nicht mehr, also dachten wir uns: Wir sind ja im Urlaub, also verhalten wir uns auch mal so, googleten „Beste Burgerkette Islands“ und standen kurz danach vor Hamborgarabúllan, auch Tommi´s Burger Joint genannt.
Diese Burgerladen wurde von Tómas Tómasson gegründet, der schon 1981 die Idee für so einen Laden hatte. Ich zitiere die Webseite „Damals dachte man in Island, dass Fisch&Chips ein exotisches Essen wäre“. 2004 gab es dann den ersten Laden der Kette, die inzwischen schon in anderen Ecken der Welt zu finden ist.
Und unbeliebt schien der Laden jetzt nicht zu sein, denn die Schlange ging bis vor die Tür.
So viele Leute hatten wir seit Tagen nicht mehr gesehen. Drinnen war auch jetzt nicht so viel Platz, weswegen wir, getreu dem Motto „Wir sind ja im Urlaub!“ uns einfach ins Auto setzten, auf dem Tablet wurde etwas auf Amazon Prime angeschaltet und wir labten uns an den vorzüglichen Burgern!
Obwohl danach das Auto natürlich etwas … fettig roch. Aber gut, dafür gibt es ja Lüftungen.
Für uns ging es dann weiter in Richtung Flughafen Kevlavik, wobei wir auf halbem Weg dann abgebogen sind und uns, wieder einmal, durch grün bewachsene Lavafelder bewegten.
Unser Ziel für heute war das Silica Hotel an der Bláa Lónið, der weltbekannten „Blauen Lagune“. Das Hotel war früher eine Klinik bzw. ein Spa, wo man im eigenen Freibadebereich Behandlungen gegen Hautkrankheiten durchführte. Erst kürzlich wurde hieraus ein Hotel gemacht und da haben wir uns einquartiert. Der teuerste Aufenthalt, den wir jemals gebucht haben.
Es gibt noch ein weiteres Hotel direkt an der blauen Lagune, aber das kostet etwa 1000 Euro die Nacht, zumindest als wir geschaut haben. Und dafür fliegen wir lieber noch einmal in Urlaub. Das Silica-Hotel selber war auch schon teuer genug.
Warum wir hier übernachten? Weil wir nach dem Bad in der blauen Lagune nicht noch zu einem Hotel fahren wollten und uns auch hier einen Tisch für ein Abendessen reserviert haben. Und so spät fährt auch kein Shuttle-Bus mehr, mit dem normalerweise Touristen vom Flughafen oder der Innenstadt hier zum Baden gefahren werden.
Also ein Hotel und dieses Mal ein richtiges Luxushotel. Hier gibt es nur knapp über 30 Doppelzimmer und alle haben einen Blick auf das Lavafeld oder sogar einen Zugang zum hoteleigenen Hot Bath.
Unser Zimmer nicht. Das war uns aber auch egal, denn wir waren froh die Fahrt hinter uns gebracht zu haben. So richtig sicher waren wir uns nämlich nicht, als wir heute morgen in Budir losgefahren sind.
Auf dem Zimmer richteten wir uns gemütlich ein und planten den weiteren Abend.
Im Hotelzimmer inkludiert war das Frühstück und ein Besuch in der blauen Lagune ohne reservieren zu müssen. In Covid-Zeiten wird dies nämlich empfohlen, da die maximale Gästeanzahl auch mal erreicht werden kann. Ebenfalls frei war für uns der hoteleigene Pool, der quasi eine blaue Lagune in klein für die Hotelgäste ist. Ach so und ein Abendessen im Restaurant Lava gleich an der Lagune war auch dabei.
Unser Plan war: Heute blaue Lagune, dann Abendessen, dann Schlafen, dann Frühstück, dann Hotel-Lagune und dann so spät wie möglich los und nach Reykjavik zum Auto abgeben und zu letzten Übernachtung noch einmal ins Radisson Blu.
Aber so weit war es noch nicht und da wir ja sehr zeitig da waren, machten wir es uns in der (etwas skandinavisch kühl eingerichteten) Hotel-Lobby gemütlich.
Und pflanzten uns in diese, sehr bequemen Sitze und ruhten uns ein wenig aus, lasen und spielten was.
Und … oh, eine Bar? Wir haben doch noch einen Getränkegutschein, oder?
Ja, das war genau der Abschluss dieser Autotour, die wir uns heute morgen erhofft haben: Warm in eine Decke gehüllt und voller Vorfreude auf die blaue Lagune. Und das Bier war quasi die (Schaum-)Krone darauf.
Und wie wir so da saßen, prasselten diverse Warnmeldungen auf unser Handy ein. Ein Blick auf road.is und die Straßenkarte der Halbinsel, von der wir heute morgen losgefahren waren, zeigte: Wir waren noch gerade rechtzeitig los gekommen.
Darauf ein Gull!