Nach einer unruhigen Nacht wachen wir in unserem Zimmer unter dem Dach auf und sehen, dass sich draußen das Wetter nicht richtig gebessert hat. Es lag etwas Schnee auf dem Kippfenster und der Wind heulte weiterhin in gewohnter Stärke.
Da sich ja gestern Abend schon abgezeichnet hatte, dass es heute wohl eher nichts mit Wanderungen oder anderen großen Outdoor-Aktivitäten wird, haben wir uns wieder Mal für ein spätes Frühstück entschieden. Mit eines der besten Frühstück Buffets des ganzen Urlaubs übrigens.
Es gibt schlimmeres, als mit einem sehr frischen Lachsbrötchen von drinnen das schlechte Wetter draußen zu beobachten.
Beim Frühstück fassten wir den Entschluss doch mal vor die Hoteltür zu gehen und die Situation dort zu bewerten. Die Alternative wäre das Zimmer oder die Hotelbar gewesen und beides erschien uns doch etwas zu langweilig.
Also raus mit uns. Das Wetter war zwar sehr windig aber trocken – also durchaus auszuhalten. Die Berge rund um Budir waren wunderschön mit Schnee gepudert und bis auf eine laute Gruppe älterer Italienerinnen war es auch sehr ruhig. Eben wie man sich einen solchen Ort vorstellt.
Erste Idee war dann: Wir machen mal einen kurzen Spaziergang zur Kirche und schauen dann weiter. Die Kirche von Budir, welche einen kleinen Fußmarsch von 5 Minuten von unserem Hotel entfernt ist.
An der Kirche lärmte noch die italienische Gruppe herum. Ihre Tour-Leiterin und Fahrerin hatten wir morgens noch an der Rezeption getroffen und uns kurz mit ihr über die Straßenverhältnisse unterhalten. Und danach über ihre Gruppe, was sie zu einem tiefen Seufzen und Augenrollen brachte – es scheint also eher eine schwierige Gruppe zu sein.
Die Kirche in Budir wurde 1848 gebaut und ist eine der ältesten Holzkirchen des Landes. Vorher stand an diesem Fleck schon einmal eine Kirche, die 1703 von einem Kaufmann aus der Gegend erbaut wurde, wie so viele im ganzen Land zu der damaligen Zeit.
Nachdem die Gruppe weg war, war es hier angenehm ruhig und die schwarze Kirche mit den weißen Bergen drumherum war schön anzusehen. Wenn sich nicht zwei zerzauste Deutsche ins Foto schleichen …
Kirche und Hotel liegen mitten in einem Naturpark, da auch hier, wie so oft in Island, die nahen Vulkane ihre Spuren hinterlassen haben. In diesem Fall ist dies ein großes Lavafeld namens Búðahraun, welches vor etwa 5000 Jahren aus dem nahen Vulkan Búðaklettur entstanden ist. Viele Lavakanäle und -höhlen kann man in dem Lavafeld finden und es finden sich viele Geschichten über diese Höhlen. So sei ein entsprungener Verbrecher auf der Halbinsel Reykjanes hinter Reykjavík wieder an die Oberfläche gelangt, was bedeutet hätte, dass er eine knapp 150 Kilometer lange Höhle gefunden haben müsste. Verbrieft ist, dass es eine Katze bis ins etwa 5 km entfernte Búðarós geschafft hat.
Auch das nahe Meer haben wir uns dann mal angeschaut und ausprobiert, wie gut man sich in den Wind legen konnte.
Das Wetter war immerhin trocken, aber durch den Wind weit entfernt von angenehmen Verhältnissen. Aber ein kurzer Strandspaziergang war dann doch drin.
Aber langsam wurde es dann doch zu kalt und wir machten uns langsam wieder zurück zum Hotel.
Aber da es jetzt nicht sooo kalt und auch nicht sooo windig war, haben wir dann den Entschluss gefasst doch eine kleine Stippvisite in den nahen Snæfellsjökull-Nationalpark zu machen, einem von drei Nationalparks des Landes. Also rein ins warme Auto und ab in Richtung des westlichen Endes der Halbinsel. Einen richtigen Plan hatten wir nicht, nur eine kleine Karte von der Rezeption, was man wo anschauen kann.
Bevor wir aber am Eingang des Nationalparks waren, sahen wir schon das erste „Denkmal“ und hielten einfach mal an. Hier stand früher die Farm Laugarbrekka, welche bis zur Zeit der Landnahme zurück verfolgt werden kann.
Hier wurde im Jahre 980 Gudrid Thorbjarnardóttir geboren, welche in 2 Sagas erwähnt wird. Sie gilt nämlich als erste europäische Frau, die ein Kind in Amerika geboren hat.
Und ihr zu Ehren (sie war mit ihrem Mann nach Nordarmerika gereist, war später auch in Rom und damit bis in die Neuzeit vermutlich die weitgereiste Isländerin) wurde hier ein Denkmal errichtet. Gleichzeitig gibt es im kanadischen Ottawa ein identisches Denkmal, denn dort wurde ihr Sohn Snorri Thorfinnsson geboren.
Kleines Denkmal, spannende Geschichte.
Weiter geht es im Auto zum Eingang des Nationalparks.
Dieser umfasst etwa 170 km² und wurde 2001 gegründet, um die Natur rund um den Gletschervulkan Snæfellsjökull zu schützen. Darüber hinaus gibt es hier viele Überreste alter und verlassener Siedlungen und eben, für Touristen wie uns, viele Wanderwege.
Gut, lange Wanderungen, wie wir es eigentlich geplant hatten, werden es heute nicht werden. Nachmittags sollte der Wind wieder zunehmen und da wollten wir eher nicht mehr auf der Straße unterwegs sein.
Erster Halt war die Svalþúfa Küste, eine sehr beliebte Stelle für Puffin-Beobachtung, denn die Steilküste bietet den Vögeln beste Bedingungen. Heute waren natürlich keine mehr da, was einige (wieder italienische) Touristen nicht davon abhielt, die eigentlich recht eindeutig gekennzeichnete Wege zu ignorieren.
Und Fotos kann man auch vom Weg und den Aussichtspunkten gut machen, hier von den Lóndrangar, Basalt-Klippen, die von zwei markanten Lava-Domes gekrönt werden.
Das Wetter war zwar weiterhin sehr windig, aber durchaus noch im Rahmen – also machten wir uns einfach weiter die Küste entlang. Nächster Stop war der Leuchtturm bei Malarrif inklusive der Tourist Information für den Nationalpark.
Seinen Namen hat der Park übrigens vom eigentlich die Sicht dominierenden, 700.000 Jahre alten Vulkan namens Snæfellsnes. Hier im Hintergrund leider scheu in den Wolken verschwunden.
Der Vulkan kann bei gutem Wetter sogar von Reykjavik aus gesehen werden, immerhin eine Entfernung von 120 Kilometer. Und er spielt sogar eine Rolle in der Weltliteratur, denn hier sind der Professor Otto Lidenbrock und sein Neffe Axel zu ihrer Reise zum Mittelpunkt der Erde abgestiegen, dem berühmten Buch von Jules Verne.
Wir blieben lieber an der Oberfläche und besuchten kurz den Leuchtturm gleich neben der Touristeninformation.
Dort haben wir uns kurz mit dem einzigen Angestellten unterhalten und uns ein paar Tips für die morgige Fahrt zurück nach Reykjavik und den Rest des heutigen Tages geben lassen. Er meint übrigens, dass das aktuelle schlechte Wetter eigentlich der Normalzustand sei und sie „einfach nur die letzten Jahre außergewöhnlich gutes Wetter im September gehabt hätten“. Na toll, bei uns ist Island auf einmal wieder im Normalzustand.
Eine Sache wäre vielleicht für uns noch interessant gewesen: Die Lava-Höhlen von Vatnshellir. Dort kann man in die Lavatunnel mit einer Führung hinabsteigen. Die Touren fanden tatsächlich auch statt, wobei die gleich startende Tour im Internet schon ausgebucht war. Der Treffpunkt für die Tour war aber nur ein paar Minuten entfernt und wir hatten ja vielleicht Glück, dass angesichts des Wetters einige Gäste nicht kommen konnten.
Waren aber leider alle da und die nächste verfügbare Tour war uns zu spät am Tag, denn wie man sehen kann, wird das Wetter zunehmend schlechter. Außerdem haben wir ja solche Höhlen auch mehr oder weniger vor der Haustür in der Eifel. Da war zwar keine Romanfigur von Jules Verne unterwegs, dafür hat es da Brauereien …
Danach sind wir noch zum nahen Djúpalónssandur gefahren, dem hiesigen schwarzen Strand. Hatten wir ja schon lange keinen mehr …
Hier waren tatsächlich viele Menschen und der Parkplatz war dementsprechend recht voll. Aber durch die vielen kleinen Wanderwege verlief es sich einigermaßen und man war schnell alleine mit dem Wind und den Wellen. An vielen Orten hier auf der Halbinsel haben wir solche Tafeln mit Gedichten gefunden, leider immer ohne Übersetzung.
Langsam wurde es uns auch etwas kalt und das Wetter zog sich, wie gesagt, immer mehr zu. Also traten wir den Rückweg an, um nicht durch den immer stärker werdenden Wind noch in irgendwelche Probleme zu geraten. Eine Sache wollten wir uns aber noch anschauen und das war die Rauðfelsdsgjá Schlucht.
Frei übersetzt zu „Graben mit einem roten Mantel“ ist dies eine begehbare, sehr enge Schlucht. Der Saga nach lebte hier Bárður Snæfellsássein, halb Mann, halb Troll, mit seinen Töchtern. Der Sohn seines in der Nähe lebenden Bruders Rauðfeldur schubste eine seiner Töchter eines Tages auf einen Eisberg, auf dem sie bis nach Grönland trieb. Sie blieb zwar unverletzt, aber Bárður war darüber so erbost, dass er die beiden Söhne seines Bruders tötete und danach für immer in den Gletscher verschwand. Und Rauðfeldur wurde von ihm eben in genau diese Schlucht geworfen die daher diesen Namen trägt.
Wir haben uns aber angesichts des Wetters (die Schlucht ist bei Schnee gefährlich und sollte nicht betreten werden) das Ganze nur von außen angeschaut und sind dann wieder ins warme Auto. Und dann zurück zum Hotel gefahren.
Die Halbinsel ist wirklich, wirklich schön. Wir möchten uns das gar nicht vorstellen, wie es hier ist, wenn blauer Himmel und Sonne die Vulkane in Szene setzen.
Da das uns leider nicht vergönnt war, ging es unter dem Absingen kölscher Lieder dann zurück zum Hotel. Und mit Sicherheit waren wir das lustigste Auto im ganzen Nationalpark.
Dafür, dass wir uns schon darauf eingestellt hatten den ganzen Tag im Hotel bleiben zu müssen, haben wir verdammt viel gesehen.