Nachdem wir uns im Hotel Isafjördur häuslich eingerichtet hatten, ging es daran, die Füße ein wenige zu vertreten. Und uns um das Abendessen zu kümmern.
Von unserem Hotelzimmer hatten wir einen Blick auf die recht leere Fußgängerzone des 2.700 Einwohner zählenden Ortes am Skutulsfjörður, einem Seitenarm des großen Ísafjarðardjúp. Die Stadt wird erstmals im Landnahmebuch um 920 erwähnt, als hier Helgi Magri Hrólfsson einen Hof errichtete. Seitdem ist der Ort stetig gewachsen und hatte im 18. Jahrhundert eine wichtige Bedeutung als Zentrum der Klippfischverarbeitung.
Auch ein Vorteil hier ist, dass Isafjördur nie von großen Feuern heimgesucht wurde und somit viele der ältesten Häuser (inklusive des ältesten überhaupt, dem 1734 erbauten Tjöruhusid) beherbergt.
Wir machten uns auf und erkundeten bei einer steifen Briese den kleinen Ortskern, der auf einer Art Halbinsel liegt.
Spannend auch: Hier gibt es die einzige Hochschule der Region, die Háskólasetur Vestfjarða. Hier werden englischsprachige Masterstudiengänge (Coastal Communities and Regional Development sowie Coastal and Marine Management), Fernstudienkurse sowie internationale Sommerschulen angeboten.
Fun fact / Unnützes Wissen: Die Europameisterschaft im Matschfußball wird seit 2006 jedes Jahr Ende Juli / Anfang August in Ísafjörður ausgetragen.
Uns wurde langsam ein wenig kalt und im Herbst ist hier auch nicht so viel los wie vielleicht im Sommer. Aber auch dieser Ort hatte es uns irgendwie schon angetan.
Und da kannten wir noch nicht die Dokkan Brewery, eine Craftbier-Brauerei.
Am Hafen in einer alten Lagerhalle gelegen: Eine Brauerei mit angeschlossenem Pub, so wie wir ihn auch aus Nordamerika kennen.
Na denn mal her mit den Pröbchen: 8 Biere standen an der Tafel und wir probierten alle! Vorteil ist, wie oft in Craftbier-Lokalitäten, dass man gratis sehr viel Wasser bekommt
Das Bier war gut bis sehr gut. Auch wenn Island generell eher weniger Biere mit hohem Alkoholgehalt braut und wir sehr oft auf den bei uns unbeliebten Style „Session IPA“ gestoßen sind.
Humor haben sie hier übrigens auch, wie man an der Einrichtung und Dekoration auf der Herrentoilette sehen kann.
Im Hotel hatten wir schon nach Möglichkeiten zum Abendessen gefragt und mehrere Antworten bekommen (inklusive des hoteleigenen Restaurants Vid Pollin. In der Brauerei stellten wir die gleiche Frage und bekamen auch identische Antworten. Und da wir im Urlaub sind und da auch mal faul sein dürfen, suchten wir die nächste Lokalität aus: Das Tjöruhusid!
Ja genau: Im ältesten Haus Islands gibt es ein besonders Restaurant. Denn hier wird 2 Mal am Tag ein Buffet-Essen angeboten im All-you-can-eat Stil.
Man wird, eher ungewöhnlich für Island, an langen Tischen zusammengesetzt (wir leider mit einem recht stillen Pärchen aus Montreal) und wird dann tischweise zu den bereitstehenden Speisen gebeten. Spannend, fand auch Meike!
Dazu ein leckeres Bier, denn der ganze Fisch der kommen sollte, muss ja schwimmen!
Das Essen war einfach und natürlich auf Mengen gekocht. Die Damen und Herren hinter der Theke schienen uns aber dem Verhungern nahe einzuschätzen und luden auf die Teller, bis nix mehr ging.
Beim 2. Gang zu den Töpfen (und da waren wir eigentlich schon satt) mussten wir dann die Bedienung bremsen, ansonsten hätten wir das alte Bauernhaus vermutlich kaputt gemacht beim Hinausgehen.
Im Speiseraum waren einige größere Gruppen und wir haben ja immer die Angst in größere Gruppen von Deutschen zu geraten. Und auch hier im Tjöruhusid saß eine Gruppe jüngerer Erwachsener und unterhielten sich recht laut, aber nicht so schlimm wie zum Beispiel Italiener oder Spanier. Beim Hinausgehen standen ein paar von ihnen vor der Tür und rauchten. Und versuchten die lange Serie des Ortes ohne Feuersbrunst nicht zu brechen.
Da sie freundlich die Tür für uns offen gehalten haben, haben wir uns mehr oder weniger aus Reflex mit „Danke“ bedankt. Und sahen in ein sehr, sehr überraschtes Gesicht, denn damit noch andere Deutsche zu treffen, damit hatte wiederum die Gruppe nicht gerechnet. So kamen wir ach kurz ins Gespräch, erfuhren, dass es sich um eine Studenten-Segeltour handelte, die mit dem Segelboot von Reykjavik hier nach Isafjördur gereist sind und morgen wieder zurück in die Hauptstadt fahren würden.
Witzig: Einer der Raucher meinte auf unsere Frage, wo er denn herkommen würde, er käme aus der Nähe von Köln. Eine genauere Nachfrage ergab, dass er aus Bergisch Gladbach Schildgen kommt und das ist so etwa 7 Kilometer von unserem zu Hause entfernt. Wir versprachen uns im Pub „zur Post“ zu treffen.
Da wir im Restaurant den 18 Uhr Slot bekommen hatten, waren wir also um 20 Uhr schon wieder raus. Also was tun? Im Zweifelsfall zurück zur Brauerei.
Dort war es ein wenig voller, denn ein paar Studenten waren jetzt auch da. Und die deutsche Segelgruppe zog kurz nach uns ebenfalls hier ein.
Am Ende unseres ersten Besuches hier hatten wir uns noch kurz mit dem Mundschenk hinter der Theke unterhalten. Dabei haben wir einerseits schon unsere Rückkehr angekündigt und andererseits herausgefunden, dass er Engländer ist. Und bei Brewdog gearbeitet hat. Genauer gesagt: Er war der General Manager von 3 Brewdog Pubs in London (Tower Bridge und noch 2 andere), ist aber vor einem Jahr nach Island gezogen. Haben uns dann natürlich auch viel über Brewdog, die Craftbier-Szene und auch den Brexit unterhalten.
Kleine Welt halt. Auf jeden Fall, als wir wieder in die Brauerei zurück kamen, sagte er kurz etwas zu seiner Kollegin, die dann in einen Seitenraum ging und dann einen Extra Tisch, nur für uns, aufbaute.
Sehr cool. Der Tisch wurde den Rest des Abend „the german table“ genannt und er versprach uns: Wenn wir wiederkommen, dann würden wir auch diesen Tisch wieder bekommen.
Einen Stammtisch in Isafjördur hat jetzt auch nicht jeder …
Aber der Nachmittag hatte schon mit Bieren begonnen und so setzte die Bettschwere dann doch relativ schnell ein. Somit ging es dann durch das dunkle und kalte Isafjördur zurück zum Hotel.
Eine coole, kleine Stadt, ein interessantes Restaurant und eine wunderbare Brauerei. Und ein rundherum schöner Abend.