Gestern Abend hatten wir noch darüber gelacht und unsere Erfahrungen mit Wettervorhersagen im Urlaub und ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit Revue passieren lassen. Die Vorhersagen traten ja in den letzten 10 Jahren wenn, dann nur grob ein. Egal wo auf der Welt wir auch waren. Oder es gab genau das Gegenteil. (Ja BBC Weather Channel, wir meinen Dich!)
Die isländische Wettervorhersage hatte für uns überraschend Recht mit dem Schnee!
Aber gut, was soll es – ändern können wir das Wetter eh nicht. Die Fahrtstrecke heute war mit knappen 80 Kilometern auch durchaus überschaubar. Also hatten wir uns auch im Voraus schon einmal ein paar Dinge überlegt, die wir heute machen können.
Die erste Idee war eigentlich zurück zum Myvatn-See zu fahren, aber angesichts des Wetters hatten wir da verständlicherweise sehr, sehr wenig Lust drauf. Also wurden spontan 2 Touren / Events gebucht, die wir heute Vormittag und Nachmittag „abarbeiten“ wollen.
Erster Halt war eine kleine Hütte direkt hinter Akureyri, etwa 10 Minuten Fahrzeit vom Hotel aus. Auf dem Weg bogenwir nämlich auf die Dagverðareyrarvegur (auch Hauptstraße Nummer 816 genannt) ab und standen kurz danach auf einem kleinen, matschigen Parkplatz vor diesem Haus.
Aus dem Haus heraus kam dann auch kurz nach unserer Ankunft ein „Please, come in“ und wir wurden von Gunni, dem Besitzer des Hauses, begrüßt und hinein gelassen. Und dann ging es los mit dem Chaos!
Hier befindet sich nämlich goHusky, ein Anbieter von Huskytouren und anderen Husky-artigen Erlebnissen. Und hier hatten wir uns für ein Spaziergang mit Huskies entschieden beziehungsweise selbigen gebucht. Eine sehr gute Entscheidung, denn der Vormittag sollte sowohl witzig als auch unterhaltsam werden.
Gunni und seine Frau Maria nennen 14 Huskies ihr eigen, mit denen sie und ihre Kinder hier unter einem Dach leben. Die Hunde haben zwar einen große Außenbereich und können selber entscheiden, ob sie im Haus oder draußen sein wollen – in der Regel liegen sie aber drinnen. Und sie mögen wenn jemand vorbei kommt. Und folgen ihm überall hin. Wirklich überall! Ob man will oder nicht!
Und wenn jemand nicht genug Aufmerksamkeit bekommt, dann gibt es gleich so einen enttäuschten Blick.
Wir waren von Sekunde 1 wirklich hin und weg von diesem Rudel.
Da wir etwas zu früh da waren, war Gunni von unserer Ankunft etwas überrascht. Er fing sich aber wieder schnell und führte uns durch das Haus, den Keller mit der ganzen Ausrüstung (und dem noch halb offenen Strom-Anschluss, der gerade neu gelegt wird) und das Gelände. Und dann wieder in die Küche und an den Tisch. Wo wir, wenn wir nicht gerade eindringlich daran erinnert wurden, dass hier doch bitte die Hunde die Hauptsache sein sollten, einen Kaffee getrunken und uns die Geschichte seiner Zucht angehört haben.
Sie haben mit einem Hund begonnen. Großer Fehler, denn kurz danach kamen 2 dazu. Diese haben dann kleine Welpen bekommen, von denen 2 weitere da geblieben sind. Naja und dann war es auch egal und jetzt sind es 14.
Seine Frau macht eher Shows mit den Hunden, er dagegen ist eher in die sportliche Richtung unterwegs und macht Schlittenrennen oder andere Dinge.
Das ganze Haus war einfach nur voller Hunde! Super!
Mittendrin war immer Jökull, erkennbar an der Halskrause, die er wegen einer Wunde am Hinterlauf tragen musste. Sein Bruder Jaki kümmerte sich dabei immer um ihn und leckte beispielsweise die Ohren oder sonstwo, weil er ja selber nicht dran kam. Jökull ignorierte allerdings die ganze Zeit seinen Plastiktrichter und rammte daher so ziemlich alles, was im Haus war. Inklusive seinem Rudel, mehreren Stühlen und uns.
Dann ging es aber auch für uns auf den gebuchten Spaziergang. Ausgewählt wurden für uns die Schwestern Mýra und Móa. Wir bekamen schnell eine Art Bauchgurt umgeschnallt, an diesem wurde dann die Leine eingeklickt und ab ging es in den Schnee-Regen.
Und die Hunde gingen mit uns spazieren.
Die beiden Schwestern haben, wie eigentlich alle Huskies, schon ganz schön Power und zogen vor allem Meike ständig von links nach rechts. Nebenbei freute sich Gunni über den Schnee, seine Hunde und erzählte eine lustige oder lehrreiche Geschichte nach der anderen. Während Jens hauptsächlich versuchte nicht hinzufallen, was bei den „Straßenverhältnissen“ nicht so einfach war.
Aber im Ernst: Der ganze Spaziergang hat super viel Spaß gemacht! Und es wurde sich wirklich über alles unterhalten: Über Fußball (Gunni ist Die-Hard Liverpool Fan), Huskies, Leben in Island, Kanada (Wir waren da, Jens sogar für eine Husky-Tour, Gunni noch nie), Deutschland, das Wetter, Touristengruppen und noch viel, viel mehr.
Daneben erzählte er auch von den Um- bzw. Ausbauten rund um sein Haus, weswegen es auch so matschig war (wofür er sich mehrfach entschuldigte).
Dazwischen klingelte immer wieder sein Telefon, was allerdings nicht genau daran lag, dass er so viel zu tun hat. Ehrlich gesagt hat einer aus seiner Liverpool-Gruppe einen Gruppen-Anruf gemacht, ohne es zu wollen. Daraufhin haben aber auch alle anderen sich gegenseitig angerufen, um zu fragen, was denn der Grund für den ersten Anruf war. Nicht hilfreich war, dass Gunnis Handy dann auch noch ein „Ass-Call“ gemacht hat und den letzten Gruppenanruf wiederholt hat.
Technik war jetzt nicht so seine Kernkompetenz.
In diesem Bild diskutiert er gerade mit einem Bauarbeiter, der alte Rohre bei ihm abholen sollte hat, wer jetzt die meisten Anrufe gemacht hat. Der Herr ist nämlich auch in dieser WhatsApp-Gruppe und begrüßte uns, während er mit dem LKW an uns vorbeifuhr, mit einem schallenden Gelächter.
Nach dem Spaziergang im Regen-Schnee-Gemisch ging es dann wieder in die warme Wohnung. Die nassen Hunde mussten getrocknet werden und die anderen Hunde mussten … mehr Aufmerksamkeit bekommen!
Wir hätten uns noch sehr lange mit den Hunden und natürlich auch mit Gunni beschäftigen. Aber langsam wollten wir zu unserem nächsten Programmpunkt aufbrechen, also machten wir uns auf zu unseren Schuhen. Dabei kamen Gunni und Jens noch auf den Punkt „Musik“ (Gunni hatte ein Shirt von Skálmöld an, einer isländischen Viking Metal Band die Jens gerne hört) und das brachte ihn dazu Jens mehr oder weniger ins Wohnzimmer zu ziehen.
Dort hängen 4 Bilder der 4 Schutzgeister Islands. Der Bulle (Griðungur) beschützt den Nord-Westen, der Adler / Griffin (Gammur) beschützt den Nord-Osten, der Drache (Dreki) den Süd-Osten und der Stein-Riese (Bergrisi) eben den Süd-Westen. Die Bilder selber wurden von einem Künstler aus Reykjavik für die LP-Fassung eines Albums von Skalmöld gezeichnet und Gunni hat sich diese anfertigen lassen und von seiner Schwester abholen lassen. Da sie aber nicht so bald zurück nach Akureyri kommen würde, hat sie einfach die Bilder dem Drummer der Band gegeben, welcher ebenfalls aus Akureyri kommt und an dem Tag nach Hause fahren würde. Und jetzt stellen wir uns mal vor: Der Drummer Deiner Lieblingsband klopft auf einmal an Deine Tür und übergibt Dir Kunstwerke aus dem Album seiner Band.
Aber jetzt müssen wir wirklich los, also macht es gut liebe Herde! Und eine Tour hier können wir einfach nur empfehlen!
Das Wetter wurde nicht besser als wir uns aufmachten und weiter zurück zur Ringstraße fuhren. Selbige verließen wir dann auch bald für die Hauptstraße 82 (Ólafsfjarðarvegur) und später die Hauptstraße 79 (Siglufjarðarvegur), welche wir bis zu unserem heutigen Ziel Siglufjördur auch nicht mehr verlassen würden.
Bevor wir aber für 2 Nächte unsere Zelte in dem kleinen Ort am Siglufjörður Fjord aufschlagen wollten, stand noch ein weiterer Programmpunkt auf den Plan. Und dieser war in diesem kleinen unscheinbaren Haus im Örtchen Árskógssandur.
Hier befindet sich, neben der ersten und ältesten Craftbeer-Brauerei Islands Kaldi, tatsächlich ein Bier Spa! Und genau das ist es, was man hier machen kann: Man badet in Bier!
Wenn man was früher da ist, kann man auch in die beiden „normalen“ Hot Baths gehen. Ein weiteres isländisches Paar war ebenfalls schon da uns saß mit einem Bier in einem der beiden Bäder. Im wesentlich kälteren muss man sagen, denn in dem Tub, den wir uns ausgesucht haben, hatte es schon sehr, sehr warme 42 °C, wie wir später bemerkt haben.
Ein Bier half ein wenig, aber nicht wirklich. Und war für Meike, die von hier aus weiter fahren würde, sowieso keine Option.
Also zogen wir in die andere Wanne um, wurden aber kurz danach von einer Dame abgeholt und ins eigentliche Beer Spa gebracht, genauer gesagt in unser Paar-Spa.
Da, wie schon gesagt, Meike ab hier fahren würde konnte sich Jens an das Ende des Bades mit Brauwasser, Hopfen und Hefe setzen, wo das finale Produkt frisch aus einem „Zappes“ kommt.
Das Bild entstand allerdings nachdem wir 20 Minuten in dem Bier gelegen haben, denn wie man sieht, ist der Schaum weg. Im Anschluss an das Bad legt man sich noch 20 Minuten in einen Ruheraum, wo die Hefe und der Hopfen seine Wirkung entfalten können. Wir sind fast eingeschlafen, denn es war wirklich sehr, sehr entspannend!
Duschen soll man danach nicht, was angesichts einzelner Hopfen-Fasern, die man am Körper hat, etwas schwierig war. Außerdem riecht man nach Hopfen, angenehm für einige aber sicher nicht für alle.
Wir hatten dann auf jeden Fall noch etwas Hunger und gingen daher gleich in den passenderweise direkt nebenan gelegenen Brauerei-Pub.
Die Lage von Spa und Pub ist übrigens mit Fug und Recht als „Entlegen“ zu bezeichnen, dafür hat man aber auch einen beeindruckenden Blick links und rechts in die Berge.
Zu Essen gab es, neben einem Tasting Flight einen Burger für Meike und einen Saibling für Jens.
Wun-der-bar! Was für ein wunderbarer Tag mit so vielen Facetten: Huskies, Landschaft, Regen, Schnee, Bier, ein Hot Bath, ein Spa, viel Ruhe und Entspannungg. Echt eine schöne Gegend hier, die leider von vielen Touristen links liegen gelassen wird.
Unser weiterer Weg führte jetzt auf der Hauptstraße 82 nach Norden bis hin zum Ólafsfjörður. Dabei bestaunten wir links und rechts die Landschaft in diesem Flecken der Insel.
Die 82 endet hier am Olafs-Fjord und geht über in die Hauptstraße 76 über, welche dann in einem Bogen die Küste entlang wieder zurück zur Ringstraße führt.
Eine Besonderheit sind auf dieser Strecke die vielen Tunnel, beispielsweise hier der Múlagöng, ein einspuriger 3,4 Kilometer langer Tunnel.
Viele der Tunnel wurden in den letzten Jahrzehnten fertiggestellt und boten erst die Möglichkeit überhaupt einige der hier gelegenen Ortschaften zu erreichen. Den größten Nutzen brachten dabei die beiden Tunnel namens Héðinsfjarðargöng eben zwischen den Orten Ólafsfjörður und Siglufjörður.
Diese beiden Tunnel wurden 2009 fertiggestellt und 2010 eröffnet. Dies bedeutete, dass man nur noch 17 Kilometer zwischen den beiden Orten fahren muss, statt früher knappen 80 Kilometern über einen hohen und sehr exponierten Pass, der im Winter oft nicht passierbar war. In diesen Fällen musste man sogar den Umweg über die Ringstraße fahren, was eine Strecke von etwa 230 Kilometern bedeutete.
Da Siglufjördur auch ein relativ wichtiger Hafen für die Heringsfischerei war, gab es hier in der Hochzeit der Fischerei über 3.000 Einwohner. Auch kann man die Wichtigkeit dieses Ortes daran erkennen, dass hier 1873 die erste Sparkasse Islands eröffnet wurde.
Heute leben hier nur noch etwa 1.700 Einwohner und es wurde hier sehr hart umstrukturiert. Kern der Wirtschaft ist heute der Tourismus. Die alte Straße ist im Sommer geöffnet und wird gerne von Wanderern oder Pferdetouren genutzt. Im Winter gibt es hier sogar ein Skigebiet, das allerdings Anfang 2021 von einer Lawine zerstört wurde. Dazu dann morgen mehr.
Unser Hotel, das Siglo Hotel, liegt im neuesten Gebäude der Stadt direkt an der Straße und am Hafen. Ein sehr neues, traditionell gebautes Haus mit wunderschönen Zimmern.
Hier wollen wir 2 Tage bleiben, einfach um die Halbinsel zu erkunden. Wobei wir dazu das Wetter besser im Auge behalten sollten.
Durch das Essen im Beer Spa hatten wir nur wenig Hunger und haben uns deswegen in der Hotelbar breit gemacht. Außerdem wollte ja die eine oder andere Revanche Kniffel gespielt werden.
Naja, aber irgendwie hatten wir dann doch noch Appetit und freundlicherweise konnten wir an unserem Tisch was aus dem Restaurant bestellen.
Ihren Weg auf unseren kleinen Tisch fanden dann eine sehr intensive Meeresfrüchtesuppe …
… sowie jeweils eine Portion geräucherte Gans mit gelber Beete, Pistazienpüree und Radieschen (auf dem Bild links) und geräucherter Lachs mit Zitronen-Zesten, geräuchertem Frischkäse und in Butter geschwenkten Panko.
Das gefällt einem doch. Und die nette Gin&Tonic bzw. Cocktail-Beratung tat ihr übrigens, dass wir nach diesem sehr intensiven aber doch entspannenden Tag sehr schnell eine gewisse Bettschwere erreicht haben.