Heute war der Plan, dass wir zum ersten Mal die Hauptstadt Islands auf eigener Faust verlassen. Um dies zu tun, hatten wir wieder beim ADAC ein Auto für die nächsten knapp 3 Wochen gemietet und dies wollten wir um 10 Uhr am Flughafen Reykjavik abholen. Der Flughafen Reykjavik ist NICHT der internationale Flughafen in Kevlavik. Ersterer liegt fußläufig erreichbar von unserem Hotel aus. Es sei denn, man scheut ein wenig den Regen und fährt mit dem Bus.
Inzwischen sind wir ja schon quasi Experten im „Reykjavik Bus Fahren“ und so ging es wieder mit dem Bus zum zentralen Busbahnhof und von dort mit der Linie 15 weiter zum Reykjavíkurflugvöllur, dem Flughafen Rekjavik.
Experten sind wir also … so so … die Linie 15 war zwar schon richtig, aber nachdem die Gegend doch schon etwas … Vorstadt-artiger wurde, haben wir dann gemerkt, dass wir in die falsche Richtung unterwegs waren. Bei einer Buslinie, die alle 30 Minuten fährt eine semi-gute Sache.
Also raus aus dem Bus, über auf die andere Seite und ab in den nächsten Bus. Weswegen wir dann auch eine halbe Stunde später am beeindruckenden Flughafen waren.
Zum Europcar-Verleihstand ging es dementsprechend auch über einen Schotterplatz und durch einen Zaun. OK, die Straße wäre auch gegangen. Nachdem die Formalitäten geklärt waren, konnten wir unseren Kia Cee´d („Cee Apostrophe D“, wie ihn Jeremy Clarkson nennt) in Empfang nehmen.
Jetzt nicht der neueste Wagen, aber für uns sollte er schon reichen. Die berüchtigten F-Straßen dürfen wir damit nicht befahren und generell wollten wir ja auch nicht ins Hochland. Sollte also gehen.
Den ersten Tag ist dann Jens gefahren, was Meike die Aufgaben Navigation und Dokumentation übrig ließ.
So konzentriert war Jens auch nur am Anfang, denn der Verkehr rund um Reykjavik war schon etwas mehr – aber alles entspannt und ohne Probleme. Einzige Besonderheit sind die zweispurigen Kreisverkehre, wo immer die innere Spur Vorfahrt vor der Äußeren hat (auch beim Ausfahren). Blinken muss man, wenn man im Kreisverkehr bleibt und wenn man ihn verläßt. Alles eigentlich recht intuitiv, weswegen die mehrfachen Kreisverkehre auf dem Beginn der Strecke auch problemlos absolviert werden konnten.
Wenn man mal Reykjavik hinter sich gelassen hat, wird auch alles einfacher. Und landschaftlich ansprechender.
Das macht auch dem Fahrer mehr Spass.
Ach so: Wo geht es eigentich hin? Wir waren für den ersten Tag total kreativ und haben das gemacht, was vermutlich noch nieeeeeee ein Island-Tourist vorher getan hat: Wir fahren den Gullni hringurinn ab, den Newbies auch gerne „Golden Circle“ nennen.
Voll individuell, denn es gibt hunderte von Touren die eine gleiche Route nehmen. Wir hofften allerdings durch unser eigenes Auto, dass wir die Stopps etwas anpassen können und sind ja eh nicht so die Fans von durchorganisierten Reisen in Gruppen.
Also: Der Golden Circle ist eine der bekanntesten Rundrouten der Welt, man kann 3 sehr bekannte Sehenswürdigkeiten Islands besichtigen:
- Die ehemalige Thing-Stätte Þingvellir im gleichnamigen Nationalpark
- Das Geothermalgebiet Haukadalur mit dem Geysir Strokkur
- Der Wasserfall Gullfoss
Von der Reihenfolge kann man die Liste von oben nach unten (im Uhrzeigersinn) oder andersherum (gegen den Uhrzeigersinn) befahren. Wir entschieden uns für die häufigere Route und begannen mit der Thing-Stätte Thingvellir und dem Nationalpark darum herum.
Nach etwa einer Stunde Fahrt kamen wir auch auf dem riesigen Parkplatz an und besorgten uns erst einmal ein Parkticket.
Die große spanische Reisegruppe ignorierend machten wir uns direkt auf den Weg zum nahe dem Visitor Center gelegenen Ausblick.
Gut so! Ein wunderschöner Blick über die Grabenbruchzone, welche von 4 aktiven Vulkansystemen umgeben ist. Hier kann man auch das Auseinanderdriften der amerikanischen und eurasischen tektonischen Platten sehen, denn alle Felsspalten und Risse sind im Grunde genommen sichtbare Zeichen der beiden Platten, die sich auseinander bewegen.
Zum Nationalpark wurde die Gegend um 1930 erklärt, im Jahre 2004 zum Weltkulturerbe. Denn hier, auf dem Thingplatz in der Nähe der Schlucht Almannagjá, wurde bereits um 930 einmal jährlich während zwei Wochen im Juni die traditionelle Versammlung Althing abgehalten. Diese hatte sowohl gesetzgebende als auch gerichtliche Funktion und es handelte sich somit um eines der ältesten Parlamente der Welt.
Am 31. März 2011 bildete sich ein kleines Loch im Weg, der durch eine größere Spalte der Allmännerschlucht führt. Genauere Untersuchungen ergaben eine weitere Spate von etwa 10 Meter Tiefe. In den letzten 10.000 Jahren sind die beiden Kontinentalplatten etwa 70 Meter auseinander gedriftet. Heute führt durch die besagte Schlucht eine Holzbrücke.
Ein weiteres Ziel war die Silfra-Spalte. Dies ist eine kilometerlange Verwerfung, welche durch das Auseinanderdriften der beiden Platten entstanden ist und jährlich um 7mm breiter wird. Sie ist ein beliebtes Tauchgebiet, denn man kann trotz einer Wassertemperatur von nur 2–4 °C hier in einem der klarsten Wasser der Welt zwischen den Kontinentalplatten von Amerika und Europa tauchen.
Das klingt interessant, erst Recht, weil ein Schulfreund von Jens Bruder auf Island ein Tauchunternehmen mit betreibt, die hier Schnorchel-Events anbieten. Die Geräusche, die die Taucher allerdings beim Eintauchen in die Spalte machten, lies sogar Jens davon Abstand nehmen.
Auch der einsetzende Regen tat sein übriges, dass wir mehr oder weniger den Rückzug antraten. Vorher aber noch beim Ausstieg der Taucher vorbei geschaut, die durch die Spalte zu diesem Punkt hier schnorcheln. Vielleicht ein anders Mal.
Für die potentiellen (und zahlungswilligen) Schnorchler gibt es auf jeden Fall ein Camp.
Für uns ging es aber, es regnete langsam schon relativ stark, zurück zum Auto. Aber eine wirklich beeindruckende und historisch wichtige Landschaft! Sehr cool!
Nach einem kurzen Umweg über den Shop, in dem wir Sandwiches und Cola käuflich erworben haben, ging es dann weiter zum 2. Punkt des Golden Circle: Dem Geysir!
Angekündigt durch ein eher altbacken angehauchtem Visitor Center und mit den unvermeidlichen Gruppenreisenden vor Ort (Inder! Deutsche! Spanier!) ging es dann aber zum Haukadulur genannten, geologisch aktiven Gebiet,
Einmal über die Straße und schon roch man, wo man war. Zumindest, wenn man die japanischen oder neuseeländischen vulkanisch aktiven Gebiete kennt.
Die Warnungen waren dann auch eindeutig, wobei wir uns schon gefragt haben, wer solche Warnungen denn bitte schön braucht?
OK, es waren auch viele Amerikaner da …
Echt: Wer denkt sich bei so einem Bild: Och, da pack ich mal rein!
Der kleine Geysir (Strokkur) hat aktuell das Feature, dass er etwa alle 10 – 15 Minuten konstant ausbricht. Der große dagegen schläft seit einiger Zeit. Also ab zum kleinen Geysir, wo uns einige Menschen entgegen kamen. Mist, war also gerade ausgebrochen …+
Vorteil für uns: Wir fanden einen guten Platz. Und warteten. Und warteten. Und warteten. Im Regen! Und plötzlich, für uns ohne Vorwarnung …
Ach Mist. Immer noch nicht. Also noch 40 – 50 Probefotos machen und sich kurz unterhalten, woran man erkennt, dass der Geysir aus ….
Blubb! Sagen wir mal so: Immerhin standen wir nicht in der Windrichtung!
Ein wirklich beeindruckendes Naturschauspiel, auch wenn wir kurz danach mehr oder weniger schnell zum Auto zurück gelaufen sind, denn es fing sehr stark an zu regnen.
Ab zum nächsten und letzten Punkt auf der Tour: Dem Gulfoss Wasserfall! Beeindrucken angekündigt durch diese Schilder.
Irgendwie kam es uns so vor, als ob touristisch eher so der Wasserfall am wenigsten erschossen ist. Denn hier zeigte fast gar nichts, dass hier einer der stärksten Wasserfall Europas ist. Im Schnitt fallen hier etwa 120 m³/s Wasser, die größte Wassermenge waren knappe 2000 m³/s.
Vom kleinen Parkplatz aus führte ein kleiner Weg zum Wasserfall – alles war auch hier für größere Menschenmengen ausgelegt aber aktuell halt sehr wenig ausgelastet.
Und man konnte den Wasserfall auch schon spüren, bevor man ihn wirklich sehen konnte.
Der Wasserfall besteht aus zwei Stufen, von denen die erste 11 m und die zweite 21 m Höhe besitzt. Diese beiden Kaskaden stehen etwa rechtwinklig zueinander. Der Weg führt dabei an der 2. Kaskade entlang was bedeutet: Wer dort vorbei geht, wird naß.
Gab einige, die das nicht gemacht haben. Aber immer noch welche, die sich davon nicht haben abschrecken lassen.
Und damit immer das Bild störten …
Aber war schon sehr beeindrucken. Vor allem der Boden rumpelte leicht, sodass man, wenn man die Augen schloss, den Wasserfall spüren konnte. Echt cool!
Als es uns dann nach einiger Zeit doch zu naß wurde, ging es zurück zum Auto und ab in Richtung Selfoss und Reykjavik. Vorbei an dem geheimen Ort, wo sich die Borg verstecken.
Wir überließen dies aber eher der Besatzung der USS Enterprise und machten einen kurzen Halt an einem in unserer Vorbereitung aufgefallen Kratersee namens Kerið.
Der Kerið ist ein Kratersee vulkanischen Ursprungs und ist nur einer von mehreren Kratern in der westlichen vulkanischen Zone Islands. Diese entstanden ebenfalls durch die Verschiebung der tektronischen Platten, der Kreio ist allerdings derjenige, bei dem die Kaldera noch intakt ist und deswegen eben auch ein touristisches Ziel.
Die Kaldera selber ist etwa 55 Meter tief, 170 x 270 Meter breit und etwa 3.000 Jahre alt. Grund genug für uns, hier eine Runde zu drehen, was sich angesichts des trockenen Wetter als gute Idee entpuppte.
Die aufziehenden Wolken und unsere Reservierung fürs Abendessen brachten uns dann aber auch bald dazu aufzubrechen. Und über die Ringstraße und die Zuwege nach Reykjavik ging es in die Innenstadt zu unserem Hotel.
Einen Stau haben wir dann auch gut umfahren (wohl der einzige Stau in Island an dem Tag) und fingen dann an, einen Parkplatz zu suchen. Die Innenstadt Reykjaviks ist in 4 Zonen aufgeteilt, in denen es unterschiedliche Tarife gibt. Alle haben gemein, dass man ab 18 Uhr nichts mehr zahlen muss und dies um 8 oder 9 Uhr je nach Zone endet.
Zuerst hatten wir noch ein Parkhaus im Visier, diese sind allerdings sehr teuer. Also haben wir glücklicherweise einen freien Parkplatz eine Querstraße von unserem Hotel entfernt gefunden.
Und nachdem Meike in der Lage war, ein Parkticket für den Zeitraum bis 18 Uhr (also ab wo es kostenlos sein würde) und bis 10 Uhr für den nächsten Tag mittels eine App zu bezahlen, blieben wir einfach hier. Das ganze kostete weniger als ein Ticket in einem Kölner Parkhaus für 2 Stunden … 4 Euro nämlich.
Die Golden Route: Muss man gemacht haben, macht aber bei größeren Menschenmengen sehr viel weniger Spaß. Dafür hat man aber auch vermutlich besseres Wetter und wird nicht so naß.
Wir waren aber sehr glücklich es gemacht zu haben.